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Dieselskandal: Schadensersatz auch für bereits verkaufte Autos

20. Juli 2021

Wenn ein Hersteller mit illegalen Abschalteinrichtungen vorsätzlich betrogen hat, besteht für die Kunden Anspruch auf Schadensersatz. Das steht seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Mai 2020 fest. Dabei kommt es zu einer Rückabwicklung des Kaufs. Hat der Kunde sein vom Diesel-Abgasskandal betroffenes Auto bereits verkauft, kann er es aber nicht mehr zurückgeben. Die Autohersteller wie VW, Audi oder Mercedes sind vor Gericht bisher davon ausgegangen, dass dadurch kein Anspruch auf Schadensersatz mehr besteht. Immerhin konnte man ja einen marktgerechten Preis erzielen. Allerdings haben die Marktpreise für gebrauchte Diesel selbst stark unter dem Abgasskandal gelitten.

Nach zwei weiteren BGH-Urteilen vom 20.07.2021 (Az. VI ZR 533/20 und VI ZR 575/20) steht aber fest: Schadensersatz gibt es auch, wenn das Auto bereits verkauft wurde. In den Verfahren ging es um VW-Fahrzeuge mit EA 189-Motor. Die BGH-Urteile sind aber auch auf andere Hersteller wie Audi, Mercedes oder Fiat anwendbar. RECHTECHECK erklärt, wie normalerweise der Schadensersatz im Abgasskandal berechnet wird und wie die Berechnung bei verkauften Autos funktioniert.

Schadensersatz im Abgasskandal

Das vom BGH bereits im Mai 2020 abgesegnete Modell für den Schadensersatz im Dieselskandal sieht die Rückabwicklung des Kaufs vor: Dabei gibt der Kunde sein Fahrzeug an den Hersteller zurück. Im Gegenzug erstattet der Hersteller den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung. Die Nutzungsentschädigung ist unabhängig vom Marktwert des Fahrzeugs. Sie berechnet sich ausschließlich anhand des Kaufpreises und der gefahrenen Kilometer. In vielen Fällen ist daher die Rückgabe des Mogel-Diesels für die Kunden eine attraktive Option, da sie so oft mehr Geld erhalten als den aktuellen Marktwert ihres Gebrauchtwagens.

Berechnung der Entschädigung bei verkauften Autos

Bei bereits verkauften Autos ist eine Rückgabe nicht mehr möglich. An ihre Stelle tritt die Anrechnung des Verkaufspreises. Der Schadensersatz berechnet sich daher folgendermaßen:

Kaufpreis
– Nutzungsentschädigung
– Verkaufspreis
= Entschädigung

Beispiel: Ein Kunde hat sein vom Abgasskandal betroffenes Fahrzeug für 50.000 Euro gekauft und einige Zeit später für (angemessene) 30.000 Euro verkauft. Aufgrund der gefahrenen Kilometer (60.000 km) setzt das Gericht eine Nutzungsentschädigung von 10.000 Euro an. Damit ergibt sich für die Entschädigung:

50.000 €
– 30.000 €
– 10.000 €
= 10.000 €

Der Kunde erhält also nachträglich noch 10.000 Euro vom Autohersteller. Hinzu kommen noch Zinsen ab Klageerhebung und die Anwalts- und Gerichtskosten.

Wichtig ist dabei, dass das Auto zu einem angemessenen, marktüblichen Preis verkauft wird. Denn dieser wird letztlich vom Gericht angesetzt werden. Es hilft also wenig, das Auto formell unter Wert an einen Freund oder ein Familienmitglied zu „verscherbeln“, um die Entschädigung in die Höhe zu treiben.

Der BGH hat außerdem festgelegt, dass sich der Kunde eine eventuell erhaltene „Wechselprämie“ nicht anrechnen lassen muss. In dem Fall hatte ein anderer Hersteller Neukunden einen Bonus versprochen, wenn sie beim Kauf ihr Fahrzeug von einer anderen Marke (zu einem marktüblichen Preis) in Zahlung geben. Auch andere, ähnlich funktionierende Kaufprämien dürften daher zukünftig beim Kunden verbleiben und nicht die Entschädigung schmälern.

Wer sich überlegt, eine Diesel-Klage einzureichen, obwohl er sein Auto schon verkauft hat, sollte zunächst prüfen, ob sich das lohnt. In manchen Fällen kann nämlich die Nutzungsentschädigung auch sehr hoch ausfallen – insbesondere bei Fahrzeugen mit hohem Tachostand. Außerdem kann es sein, dass man einen außergewöhnlich hohen Verkaufspreis erzielt hat. (Gerade bei Wohnmobilen sind die Preise teilweise stark gestiegen.) Mit dem RECHTECHECK-Schadensersatz-Rechner können Sie ganz einfach, kostenlos, anonym und unverbindlich prüfen, wie viel Ihr vom Abgasskandal betroffenes Auto bei einer Diesel-Klage wert ist:

Wenn Sie wollen, erhalten Sie anschließend eine kostenlose Ersteinschätzung von einem spezialisierten Anwalt.

Quellen: Pressemitteilungen zu den BGH-Urteilen vom 20.07.2021: Aktenzeichen VI ZR 533/20 und VI ZR 575/20.

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