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Kündigungsschutzgesetz: Fristen, Abfindung, Anwendbarkeit und mehr

kuendigungsschutz
17. Juni 2020

Arbeitsverhältnisse sind in Deutschland sehr genau geregelt, um sowohl die Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer zu schützen. Speziell beim Kündigungsschutz hat der Gesetzgeber aber vor allem dafür gesorgt, dass Arbeitnehmer vor leichtfertigen und ungerechtfertigten Kündigungen geschützt werden. Das passiert im Kündigungsschutzgesetz, kurz KSchG.

Was ist das Kündigungsschutzgesetz?

Während grundsätzlich alle Arbeitnehmer vor sittenwidrigen und diskriminierenden Kündigungen geschützt sind, sind die meisten Angestellten zusätzlich durch das Kündigungsschutzgesetz gesichert. Was das genau leistet, lässt sich am einfachsten mit KSchG §1 Abs. 1 & 2 zusammenfassen.

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(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. 

Damit erklärt das Kündigungsschutzgesetz gleichzeitig auch, wann eine Kündigung grundsätzlich erlaubt ist und wer davon am Ende tatsächlich geschützt wird. Aber der Reihe nach.

Welche Arbeitnehmer schützt das Kündigungsschutzgesetz?

Unter folgenden Voraussetzungen hat ein Arbeitnehmer den Kündigungsschutz nach dem KSchG:

  • Zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs muss der Arbeitnehmer mindestens 6 Monate lang bei demselben Unternehmen angestellt sein, diese nennt man die sogenannte Wartefrist. Sie ist nicht zu verwechseln mit der Probezeit – selbst wenn die kürzer ist, gelten für die Wartefrist sechs Monate.
  • Das Unternehmen darf kein Kleinbetrieb sein. Es müssen insgesamt mehr als 10 Personen vollzeitig beschäftigt sein. Teilzeitarbeiter mit bis zu 20 Wochenstunden zählen dabei mit einem Wert von 0,5. Arbeitnehmer, die zwischen 20 und 30 Stunden pro Wochen beschäftigt sind, zählen als 0,75. Auch Leiharbeiter zählen dazu.

Beispiel:
Ein Betrieb hat 9 Vollzeit Beschäftigte (9), 2 Arbeitnehmer, die 30 Stunden pro Woche arbeiten (0,75 x 2) und 2 Teilzeitarbeiter mit 20 Wochenstunden (0,5 x 2). Insgesamt hat der Betrieb (9+1,5+1) 11,5 Arbeitnehmer und ist somit kein Kleinbetrieb mehr.

Auch leitende Arbeitnehmer können vom Kündigungsschutzgesetz gesichert sein. Nur bestimmte leitende Angestellte, wie Geschäftsleiter oder Betriebsleiter, die selbständig Arbeitnehmer einstellen oder entlassen können, haben einen leicht abgeänderten Kündigungsschutz.

Aufgrund des Kündigungsschutzgesetzes kann Ihr Arbeitgeber Sie nicht grundlos kündigen.
Das Kündigungsschutzgesetz betrifft Betriebe mit mehr als 10 Vollzeitangestellten.

Was ist, wenn das Kündigungsschutzgesetz für mich nicht gilt?

Alle Arbeitnehmer sind durch allgemeingültige Gesetze gegen bestimmte Kündigungen geschützt. Dabei ist die Art der Beschäftigung irrelevant. So sind alle Angestellten, auch in Kleinbetrieben, davor geschützt, aufgrund von persönlicher Diskriminierung (Geschlecht, Hautfarbe, Religion, Herkunft, sexuelle Orientierung etc.) entlassen zu werden. Auch sittenwidrige Kündigungen (z.B. aus persönlichen Gründen), sind verboten. Zu den gesetzlichen Schutzregelungen kommen noch individuelle Kündigungsschutzklauseln aus Ihrem Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag (z.B. bestimmte Kündigungsfristen). Außerdem gilt auch für Arbeitnehmer ohne Schutz durch das KSchG der besondere Kündigungsschutz etwa bei Schwangerschaft oder Elternzeit.

Sie sehen: nach deutschem Recht ist kein Arbeitnehmer vogelfrei, selbst wenn seine Anstellung nicht über das Kündigungsschutzgesetz gesichert ist.

Kündigungsgründe nach Kündigungsschutzgesetz

Nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) darf ein Arbeitnehmer demnach nur gekündigt werden, wenn ein triftiger Grund vorliegt und die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Dieser Grund muss auch bei einer gerichtlichen Überprüfung nachweisbar sein, wenn der Arbeitnehmer eine Klage aufgrund unrechtmäßiger Kündigung einreicht. Kündigungsgründe gehören grundsätzlich zu folgenden drei Kategorien:

  • Personenbedingt: Hierzu zählen vor allem krankheitsbedingte Kündigungen, wenn der Beschäftigte dauerhaft krank ist und/oder die benötigte Leistung nicht erbringen kann.
  • Verhaltensbedingt: Eine Kündigung aufgrund von wiederholtem Fehlverhalten oder Pflichtverletzungen. Wenn der Arbeitnehmer beispielsweise oft zu spät zur Arbeit kommt, kann dieser aufgrund von wiederholtem Fehlverhalten oder Pflichtverletzungen gekündigt werden.
  • Betriebsbedingt: Der Arbeitsplatz fällt aufgrund betrieblicher Bedürfnisse (z.B. Schließung einer Abteilung) weg und der Angestellte kann sonst nirgendwo im Betrieb arbeiten.

Liegt keiner der Gründe vor, kann eine Kündigungsschutzklage die Kündigung unwirksamen werden lassen, das Beschäftigungsverhältnis bleibt dabei unverändert bestehen – auch rückwirkend. Übrigens: Das Kündigungsschutzgesetz darf nicht durch einen Arbeitsvertrag oder Ähnliches ausgeschlossen oder eingeschränkt werden.

Die betriebsbedingte Kündigung

Die wohl häufigste Form der Kündigung beruft sich auf betriebsbedingte Gründe. Der Arbeitgeber erklärt damit, dass es schlicht keine Stelle mehr für den Arbeitnehmer gibt und damit auch keine Möglichkeit, ihn weiter zu beschäftigen. Dafür sind allerdings einige Hürden zu nehmen:

  1. Es müssen betriebliche Erfordernisse vorliegen, die den Bedarf an Arbeitskraft verringern – etwa durch die Zusammenlegung von Abteilungen oder eine digitale Modernisierung.
  2. Diese Erfordernisse müssen dringlich sein, es darf also keine Möglichkeit geben, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen-
  3. Eine Interessenabwägung muss zugunsten des Arbeitgebers ausfallen, sein Interesse an der Kündigung muss also größer sein als das Interesse des Arbeitnehmers an einer Anstellung.
  4. Es muss eine fehlerfreie Sozialauswahl durchgeführt werden (ausgenommen bei einer Schließung des Betriebs). 

In der Praxis sind viele betriebsbedingte Kündigungen zumindest strittig, oft weil die Sozialauswahl fragwürdig durchgeführt wurde oder weil eine schlichte Auftragsflaute als Grund für die Kündigung genannt wird.

Die verhaltensbedingte Kündigung

Eine verhaltensbedingte Kündigung kommt immer dann zu Einsatz, wenn ein Arbeitnehmer durch sein Verhalten den Arbeitgeber schädigt. Auch dafür sind die Anforderungen aber erstaunlich hoch:

  1. Der Arbeitnehmer muss gegen seine Pflichten verstoßen haben – und das auf erhebliche Weise.
  2. Dieser Pflichtverstoß muss rechtswidrig und schuldhaft sein – ein Arbeitsunfall kann also nur bei grober Fahrlässigkeit ein Anlass für diese Kündigung sein.
  3. Die Kündigung muss verhältnismäßig sein – in der Regel ist sie das erst, wenn zuvor mindestens eine Abmahnung wegen des gleichen Fehlverhaltens ausgesprochen wurde.
  4. Eine Interessenabwägung muss zugunsten des Arbeitgebers ausgehen, sprich sein Interesse an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss das Arbeitnehmer-Interesse an Weiterbeschäftigung überwiegen.

Letzteres klingt nur theoretisch nach einem erheblichen Vorteil für den Arbeitnehmer – sind die ersten drei Bedingungen erfüllt, steht die vierte der Kündigung nur selten im Weg.

Die personenbedingte Kündigung

Die seltenste Form der Kündigung ist gleichzeitig die, die auch mit größter Wahrscheinlichkeit eine Kündigungsschutzklage provoziert. Eine personenbedingte Kündigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer nicht (mehr) auf seiner Stelle eingesetzt werden kann und auch kein Ersatz-Arbeitsplatz infrage kommt. In der Praxis handelt es sich dabei meist um eine Kündigung wegen Krankheit. Die Chancen stehen gut, dass der Arbeitnehmer sie gewinnt, da die Hürden für eine wirksame, krankheitsbedingte Kündigung außergewöhnlich hoch sind.

  1. Es muss eine negative Gesundheitsprognose vorliegen, sprich es muss davon auszugehen sein, dass der Arbeitnehmer weiterhin im bisherigen Umfang ausfällt.
  2. Diese erwarteten Fehlzeiten müssen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen und wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers führen. Das ist etwa der Fall, wenn keine Waren hergestellt werden können, solange die Position des Arbeitnehmers faktisch unbesetzt ist.
  3. Eine Interessenabwägung muss zugunsten des Arbeitgebers ausgehen, sprich sein Interesse an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss das Arbeitnehmer-Interesse an Weiterbeschäftigung überwiegen.

Oft ist es vor allem die negative Gesundheitsprognose, die nicht nachgewiesen werden kann, was eine Kündigung erschwert. Andere Gründe für personenbedingte Kündigungen können z.B. der Verlust von notwendigen Zulassungen (z.B. Führerschein, Approbation von Ärzten), längere Haftstrafen, Straftaten (sofern sie die persönliche Eignung infrage stellen) oder eine andauernde, erhebliche Leistungsschwäche.

Sonderkündigungsschutz

Bestimmte sozial schutzbedürftige Personengruppen haben einen Sonderkündigungsschutz. Das KSchG und dieser weitergehende gesetzlichen Kündigungsschutz sind dabei unabhängig voneinander. Es reicht also schon, wenn die Kündigung gegen eine der Regeln verstoßen hat. Zu den besonders gegen Kündigung Geschützten zählen beispielsweise:

  • Schwangere (bis zu 4 Monaten nach der Geburt des Kindes)
  • Personen, die Elternzeit nehmen oder beantragen (gilt auch wenn Sie aufgrund des Kindes in Teilzeit wechseln)
  • schwer behinderte Personen (nur mit der Zustimmung des Integrationsamtes)
  • Angestellte, die Pflegezeit in Anspruch nehmen oder beantragen
  • Auszubildende
  • Betriebsräte und Personalräte
  • Wehr- oder Ersatzdienstleistende

Das Ziel dieses besonderen Schutzes ist entweder das Arbeitsverhältnis dauerhaft aufrecht zu erhalten oder dem Arbeitnehmer durch eine Abfindung im Aufhebungsvertrag o.Ä. extra Unterstützung zu geben

Die Änderungskündigung

Ein im Kündigungsschutzgesetz explizit geregelter Sonderfall ist die Änderungskündigung nach §2. Dabei beendet der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet dem Arbeitnehmer die Fortsetzung desselben und geänderten Bedingungen an.

Da die im Normalfall nicht besser sind, lässt der Gesetzgeber dem Gekündigten die Option unter Vorbehalt anzunehmen und in einer Kündigungsschutzklage die Rechtmäßigkeit der Ausgangs-Kündigung zu prüfen. Denn die muss ganz genau dieselben Bedingungen erfüllen wie eine „normale“ Kündigung.

Außerordentliche oder fristlose Kündigung

Im Gegensatz zu einer ordentlichen Kündigung wird eine außerordentliche Kündigung meist ohne die Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist ausgesprochen – deswegen spricht man oft auch von einer fristlosen Kündigung. Es kann allerdings auch zu außerordentlichen Kündigungen unter Einhaltung der Fristen kommen, etwa wenn ein Mitarbeiter aufgrund einer Tarifvereinbarung gar nicht ordentlich kündbar ist.

Geregelt sind außerordentliche Kündigungen aber wohlgemerkt nicht im KSchG, sondern im Bürgerlichen Gesetzbuch §626 BGB:

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Um einem Mitarbeiter wegen Fehlverhaltens außerordentlich zu kündigen, muss dieser jedoch einen erheblichen Pflichtverstoß begehen, dazu gehören schwerer Diebstahl oder die Drohung, sich krankschreiben zu lassen. Ein Arbeitnehmer kann dagegen zum Beispiel fristlos kündigen, wenn der Arbeitgeber zwei Monate lang kein Gehalt auszahlt.

Aufhebungsvertrag statt Kündigung

Mit einem Aufhebungsvertrag lösen Arbeitnehmer und Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis einvernehmlich auf, dadurch verzichtet also der Arbeitnehmer auf seine Rechte nach dem Kündigungsschutzgesetz oder eventuell sogar auf die Einhaltung der Kündigungsfristen.

Meistens einigen sich die Parteien dabei auf eine Abfindung für den Arbeitnehmer. Der Vertrag gilt nur, wenn beide Parteien zustimmen. Das hat zur Folge, dass Sie mit Ihrer Unterschrift das Recht auf eine Kündigungsschutzklage und die gesetzlichen Kündigungsfristen verlieren.

Ihre Option: Kündigungsschutzklage

Nach der Kündigung haben Sie 3 Wochen Zeit, sich mit einer Kündigungsschutzklage dagegen zu wehren. Nach der Frist ist die Kündigung rechtlich wirksam und der Arbeitnehmer kann nicht mehr dagegen klagen.

Mit der Klage versucht der Arbeitnehmer nachzuweisen, dass die Kündigung nicht gemäß des Kündigungsschutzgesetzes abgelaufen ist. Hat der gekündigte Arbeitnehmer Erfolg mit der Klage, so ist die Kündigung unwirksam und das Arbeitsverhältnis läuft weiter. Oft entscheiden sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber auch dazu stattdessen für eine Abfindung. Wie die Klage abläuft und wie Ihre Gewinnchancen stehen, lesen Sie in unserem Artikel zur Kündigungsschutzklage.


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