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Geld zurück vom Online-Casino: Urteile und erste OLG-Entscheidungen

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Online-Glücksspiel: Erste OLG-Entscheidung zur Rückforderung von Verlusten
20. Juni 2022

Bisher gab es in der ersten Instanz bereits einige Urteile, nach denen Spieler von illegalen Online-Casinos Geld zurückfordern können. Inzwischen haben sich zum ersten Mal Oberlandesgerichte (OLG) zum Thema geäußert. Das OLG Hamm stellte sich bei seinem Beschluss vom 12.11.2021 klar auf die Seite des klagenden Spielers. Auch die OLG Frankfurt, München und Braunschweig stehen offenbar auf Seiten der Geschädigten.

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OLG Frankfurt und München Geld zurück vom Online-Casino

In einem Verfahren vor dem OLG München setzten sich die Kläger inwischen durch: In einem Hinweisbeschluss vom 23.12.2021 legten die Richter dem Online-Casino Oring Ltd. nahe, seine Berufung zurückzunehmen, weil sie wohl ohnehin zurückgewiesen würde. In der ersten Instanz war dem Spieler die Rückerstattung seiner Verluste in Höhe von mehr als 14.000 € zugesprochen worden (Urteil vom 30.7.2021, Az. 31 O 16477/20). Nach dem Hinweisbeschluss wurde die Berufung nach Auskunft der Pressestelle des OLG München zurückgenommen. Das Landgerichts-Urteil ist daher rechtskräftig. (Az.: 5 U 5491/21, einige Quellen verwenden fälschlicherweise das Az. 5 U 549/21.)

Ähnlich sieht es am OLG Frankfurt aus: Casino Club, ein in Malta ansässiges Tochterunternehmen der Entain Gruppe, war vom Landgericht Gießen zur Erstattung von knapp 12.000 € verurteilt worden (Urteil vom 21.01.2021, Az. 4 O 84/20). Das Online-Casino hatte daraufhin Berufung eingelegt. Das OLG Frankfurt hält die Berufung aber offenbar für so aussichtslos, dass es einen Hinweisbeschluss erlassen hat, in dem dem Online-Casino nahegelegt wird, die Berufung zurückzunehmen. Ein solcher Hinweisbeschluss ergeht normalerweise nur, wenn einer Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg beigemessen wird. (Beschluss vom 8.4.2022, Az. 23 U 55/21) Nach Auskunft des Kläger-Anwalts hat Casino Club die Berufung inzwischen zurückgenommen. Auch dieses Urteil ist daher inzwischen rechtskräftig.

Mit einem Beschluss vom 5.5.2022 bestätigten die Frankfurter Richter diese Linie (Az. 19 U 281/21). Sie legten einem Online-Casino nahe, seine Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Gießen vom 27.09.2021 (Az. 2 O 227/20) zurückzunehmen. Der Kläger bekommt voraussichtlich die verlorenen 26.000 € zurück.

OLG Hamm, Braunschweig und München: Prozesskostenhilfe zu Online-Glücksspiel

Noch gibt es kein endgültiges Urteil in dem Fall, über den die Richter unter dem Aktenzeichen I-12 W 13/21 verhandelten. Das OLG Hamm musste zunächst nur über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe entscheiden. In seinem Beschluss folgte das Gericht aber voll der Rechtsauffassung der Kläger-Anwälte und sprach dem Kläger ein Recht auf Prozesskostenhilfe für die Klage gegen das Online-Casino zu:

  • Das deutsche Verbot für Online-Glücksspiel ist mit Europarecht vereinbar. (Ähnliches dürfte für die Einschränkung seit 1.7.2021 gelten.)
  • Der Gerichtsstand richtet sich nach dem Wohnort des Verbrauchers. Deutsches Recht ist anwendbar.
  • Da Online-Casinos in Deutschland verboten waren, besteht ein Anspruch auf Rückerstattung der Verluste.
  • Dem Erstattungsanspruch steht nicht entgegen, dass die Teilnahme illegal war.
  • Die Klage ist auch nicht rechtsmissbräuchlich.

Die Ausführungen des OLG Hamm dürften dem Landgericht im nun anstehenden Prozess wenig Spielraum lassen.

Ähnlich fielen auch ein Urteil des OLG Braunschweig (Az. 8 W 20/21, 3.12.2021) und ein Beschluss des OLG München (Az. 21 W 1740/21, 8.2.2022) aus. Auch hier bekommen die Kläger Prozesskostenhilfe.

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Weitere Urteile zum Online-Glücksspiel

Neben den OLG-Entscheidungen gab es auch einige weitere Urteile, nach denen Spieler vom Online-Casino Geld zurück bekommen sollen, z.B.:

  • Landgericht Gießen, Urteil vom 21.1.2021 (Az. 4 O 84/20); siehe Entscheidung des OLG Frankfurt oben.
  • Landgericht Coburg, Urteil vom 1.6.2021 (Az. 23 O 416/20).
  • Landgericht Paderborn, Urteil vom 8.7.2021 (Az. 4 O 323/20).
  • Landgericht Aachen, Urteil vom 13.7.2021 (Az. 8 O 582/20).
  • Landgericht München I, Urteil vom 3.8.2021 (Az. 31 O 16477/20): Maltesisches Online-Casino muss 14.230 € plus Zinsen zurückzahlen.
  • Landgericht Waldshut-Tiengen, Urteil vom 21.9.2021 (Az. 2 O 296/20): Spieler erhält vom Online-Casino seine Verluste zurück (über 40.000 €).
  • Landgericht Köln, Urteil vom 19.10.2021 (Az. 16 O 614/20).
  • Landgericht Mönchengladbach, Urteil vom 2.12.2021 (Az. 2 O 54/21): Gamebookers Ltd. bzw. ihre Rechtsvorgängerin Electra Works Ltd. (betwandwin, bwin, premium.com) muss fast 100.000 € erstatten.
  • Landgericht Frankenthal, Urteil vom 9.12.2021 (Az. 3 O 374/20): Spieler bekommt ca. 10.000 €, die er beim Online-Poker auf partypoker.com verspielt hat, zurück. Dabei ist es egal, ob er dabei gegen „Bots“ von ElectraWorks Ltd. oder gegen echte Mitspieler verloren hat.
  • Landgericht Freiburg, Urteil vom 10.12.2021 (Az. 2 O 518/20): Die Martingale Malta 2 Ltd. (Betreiberin von casino.club.de) muss Netto-Verluste in Höhe von fast 140.000 € erstatten.
  • Landgericht Braunschweig, Urteil vom 14.12.2021 (Az. 6 O 1177/21): Die Martingale Malta 2 Limited muss Verluste in Höhe von ca. 45.500 € vollständig ersetzen.
  • Landgericht Traunstein, Urteil vom 18.12.2021 (Az. 3 O 1549/21): Spieler bekommt Verluste aus den Jahren 2018 bis 2020 erstattet.
  • Landgericht Heilbronn, Urteil vom 22.12.2021 (Az. Bu 8 O 208/20): Electra Works Ltd. mit Sitz in Gibraltar (bwin.com) muss Verluste in Höhe von 14.000 € ersetzen.
  • Landgericht Verden, Urteil vom 22.12.2021 (Az. 7 O 170/21): Titanium Brace Marketing Ltd. (drueckglueck.com) muss 28.500 € zurückzahlen.
  • Landgericht Augsburg, Urteil vom 17.1.2022 (Az. 032 O 2447/20): ElektraWorks Limited mit Sitz in Gibraltar (bwin.com/de) muss fast 29.000 € erstatten.
  • Landgericht Berlin, Urteil vom 1.2.2022 (Az. 2 O 228/21): Online-Casino muss 25.000 € erstatten.
  • Landgericht Bielefeld, Urteil vom 3.2.2022 (Az. 6 O 231/20): ElectraWorks Ltd. muss 57.000 €, die der Kläger verloren hatte, erstatten.
  • Landgericht Frankenthal, Urteil vom 10.2.2022 (8 O 90/21): Spieler hat zwar Anspruch auf Erstattung seiner Spieleinsätze, nicht aber auf Auszahlung von Gewinnen.
  • Amtsgericht Meppen, Urteil vom 22.2.2022 (Az. 3 C 790/20): Anbieter von Online-Glücksspiel muss Verluste vollständig ersetzen.
  • Amtsgericht Münster, Urteil vom 23.2.2022 (Az. 96 C 1913/21): Online-Casino muss an Spielsüchtigen 5.000 € zurückzahlen.
  • Amtsgericht Essen, Urteil vom 24.2.2022 (Az. 12 C 474/21): Casino muss 3.500 € erstatten.
  • Landgericht Osnabrück, Urteil vom 4.3.2022 (Az. 11 O 1809/21): twin.com muss etwa 10.000 € zurückzahlen.
  • Landgericht Bochum, Urteil vom März 2022 (Az.: I-3 O 75/21): Glückloser Spieler erhält 25.500 € vom Online-Casino zurück.
  • Landgericht Köln, Urteil vom 16.3.2022 (Az.: 16 O 558/20): Online-Casino muss über 25.000 € zurückzahlen.
  • Landgericht Bremen, Urteil vom 1.4.2022 (Az.: 8 O 2025/20): Spielerin erhält fast 20.000 € von einem illegalen Glücksspiel-Anbieter aus Gibraltar zurück.
  • Landgericht Berlin, Urteil vom 11.4.2022 (Az. 39 O 65/21): ElektraWorks Ltd. aus Gibraltar (u.a. bwin.com) muss mehr als 210.000 € erstatten.
  • Landgericht Konstanz, Urteil vom 12.4.2022 (Az.: C 3 O 71/22): Spielerin erhält knapp 13.000 € von einem Online-Casino zurück.
  • Landgericht Berlin, Urteil vom 26.4.2022 (Az.: 11 O 258/20): Mandant bekommt 6.700 € von illegalem Online-Casino zurück.
  • Landgericht Magdeburg, Urteil vom 28.4.2022 (Az.: 2 O 636/21): Fast 22.000 € Erstattung.
  • Landgericht Neubrandenburg, Beschluss vom 9.5.2022 (Az.: 4 O 264/21): Online-Casino mit Sitz in Curacao muss Spieler aus Mecklenburg-Vorpommern knapp 13.800 € ersetzen.
  • Landgericht Berlin, Urteil vom 18.5.2022 (Az.: 17 O 29/21): Spieler bekommt fast 63.000 € zurück.
  • Landgericht Traunstein (Az.: 8 O 2908/21): Eine Spielerin bekommt gut 6.800 € von Rhinoceros Operations zurück, die sie auf wunderino.de verspielt hatte.
  • Landgericht Deggendorf, Urteil vom 31.5.2022 (Az.: 33 O 668/21): Glücksspiel-Anbieter aus Malta muss einer Spielerin 9.575 € erstatten.
  • Landgericht Rottweil, Urteil vom 03.06.2022 (Az. 2 O 479/21): Tipico muss Spielverluste von mehr als 25.000 € zurückzahlen.

In Österreich, wo die Rechtslage ähnlich ist, ist die Rechtsprechung schon weiter. Hier hat der Oberste Gerichtshof schon im Mai 2021 entschieden, dass Online-Glücksspiel illegal ist und betroffene Verbraucher daher vom Casino Geld zurückbekommen können (Az. 3 Ob 72/21s).

Wer viel Geld beim Online-Glücksspiel verloren hat, sollte sich an einen spezialisierten Anwalt wenden. Alternativ kann man auch zunächst versuchen, das Online-Casino mit unserer Muster-Vorlage: „Geld zurück vom Online-Casino“ zur Erstattung der Verluste zu bewegen.

Übrigens: Grundsätzlich scheint es auch möglich zu sein, sich Glücksspiel-Verluste von der eigenen Bank oder einem Zahlungsdienstleister zurückzuholen, beispielsweise, wenn man beim Online-Casino mit Klarna oder Paypal bezahlt hat. Allerdings fallen hier die Urteile eher selten zu Gunsten der Spieler aus.

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Inzwischen ist die Rechtslage zum Online-Glücksspiel so klar, dass für die Klagen gegen Online-Casinos Prozessfinanzierer einspringen. RightNow bietet sogar den Ankauf entsprechender Forderungen an.

Autor

Robert hat als Diplomkaufmann und Wirtschaftsingenieur nicht nur die besten Voraussetzungen dafür, den reibungslosen Ablauf der Webseite sicherzustellen, sondern auch den perfekten Background, um vor allem komplexe Wirtschafts-Themen nutzerfreundlich und nachvollziehbar aufzubereiten. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Abgasskandal, Geldanlage, Kreditrecht, Flugrecht und Versicherung. Nach seinem Ausscheiden bei RECHTECHECK wechselte Robert zur Nürnberger Werbeagentur BESONDERS SEIN.

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