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Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung – So bleiben Sie straffrei

Die Selbstanzeige kann Sie vor dem Gefängnis bewahren. Sie müssen dazu mit allem ganz offen sein.
17. November 2018

Sie haben die ein oder andere Einnahme in Ihrer Steuererklärung verschwiegen und somit Falschangaben beim Finanzamt gemacht? Sie haben Steuern hinterzogen und nun Sorge, dass Ihnen das Finanzamt „auf die Schliche“ kommt? Dann sollten Sie darüber nachdenken, Ihr Vergehen selbstständig zu melden, denn nach § 370 AO gilt der Tatbestand sowie der Versuch der Steuerhinterziehung als Straftat. Kommt es zu einer Verurteilung, können hohe Geldstrafen, bis hin zu einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren die Folge sein.

Einen Ausweg bietet Ihnen die strafbefreiende Selbstanzeige. Nach § 371 AO haben Sie die Möglichkeit, Ihre Steuerstraftat anzuzeigen, bevor die zuständige Finanz- oder Ermittlungsbehörde die Tat aufdeckt. Prinzipiell kann die Anzeige formlos abgegeben werden, jedoch lauern dabei viele Fallstricke und versteckte Risiken, weshalb Sie dringend einen spezialisierten Anwalt oder Steuerberater zu Rate ziehen sollten.

Wann eine Selbstanzeige Sinn ergibt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, welche Verjährungsfristen gelten und wie sie sich vor möglichen Fehlern und Risiken schützen können, erfahren Sie in diesem Artikel.

Wann kann ich eine Selbstanzeige stellen?

Eine Selbstanzeige ist möglich bei vollendeter und versuchter Steuerhinterziehung. Weiß die Finanzbehörde aber bereits über die Steuerhinterziehung Bescheid, wirkt die Selbstanzeige nicht mehr strafbefreiend – sie kann aber immer noch strafmildernd wirken.
Hierzu sollte die Selbstanzeige von Ulrich „Uli“ Hoeneß aus dem Jahr 2013 als warnendes Beispiel dienen: Der Präsident des FC Bayern München hatte – wie er selbst sagte – „auf Zeit gespielt“ und sich erst kurz vor der Veröffentlichung seiner Steuerhinterziehung in der Zeitschrift „Stern“ zu einer Selbstanzeige entschieden. Dieses „Zeitspiel“ führte schlussendlich zu einer Haftstrafe ohne Bewährung von drei Jahren und sechs Monaten, da er bei der unter Zeitdruck zusammengestellten Selbstanzeige Fehler gemacht hatte.

Ob Ihre Steuerhinterziehung den Behörden bereits bekannt ist, erkennen Sie u.a. daran, dass

  • Ihnen die Finanzbehörde eine Prüfungsanordnung bekannt gegeben hat.
  • Sie über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens informiert wurden.
  • Angestellte der Finanzbehörden (Steuerprüfer, Steuerfahndung oder Außenprüfer) zur Prüfung oder zur Ermittlung des Steuerdelikts bei Ihnen erschienen sind.

Allerdings kann es auch sein, dass Sie zunächst gar nichts von den Ermittlungen der Steuerprüfer mitbekommen. Wenn die Steuerhinterziehung im Rahmen einer Steuer-CD herausgefunden werden sollte, ist momentan keine allgemeingültige Aussage zu treffen. Das jeweilige Bundesland entscheidet dann selbst, wie es dabei weiterverfährt.

Welche Voraussetzungen sind zu erfüllen?

Zunächst kann man zur Beruhigung sagen, dass jeder, der Steuern hinterzogen hat, eine strafbefreiende Selbstanzeige beim örtlich und sachlich zuständigen Finanzamt erstatten kann. Dies kann grundsätzlich jeder ganz allein machen. Andere Stellen wie z.B. die Staatsanwaltschaft oder die Polizei sind dafür nicht zuständig. Sollten Sie sich an den falschen Adressaten wenden, verlieren Sie unwiderruflich die Möglichkeit der Straffreiheit.

Nach § 371 AO erlangt ein Tatbeteiligter für sich Straffreiheit, wenn

  • er zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre in vollem Umfang Angaben berichtigt, ergänzt oder nachholt (§ 371 Abs. 1 AO),
  • kein Sperrgrund vorliegt (§ 371 Abs. 2 AO) und
  • er die hinterzogenen Steuern, die Hinterziehungszinsen nach § 235 AO und die Zinsen nach § 233a AO, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 235 Abs. 4 AO angerechnet werden, innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet (§ 371 Abs. 3 AO).

Damit bei der Selbstanzeige von Anfang an alles rechtens verläuft, sollten Sie sich von einem Fachmann, nämlich einem spezialisierten Steuerberater oder einem Rechtsanwalt, unterstützen lassen. Denn Korrekturen nach der Selbstanzeige sind nicht erlaubt. Das hat zur Folge, dass Sie beim Finanzamt die Fehler bzw. die Steuerhinterziehung melden und Sie dafür belangt werden. Dazu zählt auch, dass der Fachmann vor der Abgabe der Selbstanzeige ausdrücklich bevollmächtigt sein muss.

Beachten Sie hierbei, dass immer „alle Steuerhinterziehungen von einer Steuerart“ erwähnt werden müssen. Das bedeutet z.B., dass eine Selbstanzeige im Bereich der Schenkungssteuer auch dann strafbefreiend wirkt, wenn Sie weiterhin Gewerbesteuer hinterziehen. (Für die hinterzogene Gewerbesteuer können Sie natürlich trotzdem bestraft werden.) Wenn Sie sich schon zur Selbstanzeige durchgerungen haben, sollten Sie daher besser gleich sämtliche Steuerstraftaten zugeben. Schließlich müssen Sie damit rechnen, dass die Steuerprüfer Sie und Ihre Bücher nach der Selbstanzeige sehr genau unter die Lupe nehmen werden.

Ist man bei einer Selbstanzeige von Strafen befreit?

Mit dem Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 22.12.2014 (BGBl I 2014, 2415) wurden die Voraussetzungen für die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige deutlich verschärft. Seitdem müssen bei einer Nacherklärung die letzten zehn Jahre aufgezeigt werden (§ 376 Abs. 1 AO). Außerdem wurde der Selbstanzeigezuschlag bei Beträgen über 25.000€ erhöht (§ 398a AO) und die Sperrgründe für die Straffreiheit wurden erweitert (§ 371 Abs. 2 AO). Danach gelten folgende Regelungen:

  • Bei einer Steuerhinterziehungs-Summe von mehr als 25.000€ muss ein Zuschlag von 10% gezahlt werden.
  • Ab 100.000€ hinterzogener Steuern beträgt dieser 15%.
  • Bei einem hinterzogenen Betrag von mehr als einer Million Euro müssen 20% einkalkuliert werden.

Bei der Steuerhinterziehung müssen Hinterziehungszinsen in Höhe von 6% des hinterzogenen Betrags gezahlt werden. Einen Zinseszins gibt es nicht. Berechnet wird der Zins für die Zeit ab Vollendung der Tat bis zur Zahlung der Steuer. Bei der Festsetzung dieses Zeitpunkts tun sich Laien sehr schwer. Das deutsche Steuerrecht ist sehr schwer zugänglich und kann daher zu Fehlern führen, die die Selbstanzeige unwirksam machen. Um solche bürokratischen Fehler zu vermeiden und damit die Selbstanzeige nicht gefährdet wird, sollten Sie einen Rechtsanwalt für Steuerrecht oder einen Steuerberater zu Rate ziehen. Schreiben Sie niemals Selbstanzeige in den Betreff! So wird nur ein Strafverfahren durch die Straf- und Bußgeldsachenstelle eingeleitet. Sie sollten „Berichtigung der Steuererklärung(en) aus dem Jahr/den Jahren …“ angeben.

Die Selbstanzeige hat keine strafbefreiende Wirkung, wenn sogenannte Sperrgründe (§ 371 Abs. 2 AO) vorliegen. Was genau ein Sperrgrund ist fragen Sie sich? Ganz einfach, prinzipiell kann eine Selbstanzeige nicht mehr gestellt werden sobald die Finanzbehörde von Ihrem Steuervergehen weiß oder der Hinterziehungsbetrag 50.000 Euro übersteigt.

Im Falle einer Steuerhinterziehung, egal ob vorsätzlich (Steuerhinterziehung nach § 370 AO) oder unwissentlich (Steuerordnungswidrigkeit nach § 378 AO), tritt die Straffreiheit trotz Selbstanzeige nicht ein, wenn:

  • Ihnen oder Ihrem Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 AO bekannt gegeben wurde,
  • Ihnen oder Ihrem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben wurde,
  • ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung, zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist,
  • eine der Steuerstraftaten zum Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung bereits vollständig oder zum Teil entdeckt war und Sie dies wussten oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen mussten oder
  • wenn die nach § 370 Abs. 1 AO verkürzte Steuer einen Betrag von 50.000€ je Tat übersteigt.

Verjährungsfrist der Selbstanzeige

Bei der Selbstanzeige müssen Sie immer die letzten zehn Kalenderjahre beachten. Hierbei wird die Frist sowohl vom Strafgesetzbuch für einfache Steuerstraftaten (§ 78 Abs. 3 StGB) als auch bei besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung gemäß § 376 Abs. 1 AO gesetzt. Zusätzlich sind auch noch die Nachforderungsansprüche des Finanzamtes zu berücksichtigen, die regelmäßig nach zehn Jahren verjähren.

Quellen: Abgabenordnung (AO), StGB, Bundesgesetzblatt

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