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BGH-Urteil: Kunden können viele Bankgebühren zurückfordern

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BGH-Urteil: Banken dürfen ihre AGB nicht mit „stillschweigender Zustimmung“ ändern.
13. Dezember 2021

Der BGH hat am 27.4.2021 festgestellt, dass Banken ihre AGB nicht über eine „stillschweigende Zustimmung“ ändern können (Az. XI ZR 26/20). Geklagt hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Daher können viele Kunden von Banken und Sparkassen Bankgebühren zurückfordern. Neben Kontoführungsgebühren geht es dabei auch um Depotgebühren, Kosten für Kontoauszüge, Kosten für Bankkarten, Gebühren für das Geldabheben am Automaten und andere Kosten. Kreditgebühren sind übrigens grundsätzlich unzulässig.

Um was geht es in dem BGH-Urteil?

Die meisten Bank-AGB sehen vor, dass die AGB bzw. die Verträge durch die Bank einseitig geändert werden können. Eine solche Änderung muss lediglich 2 Monate im Voraus angekündigt werden. Sie wird wirksam, wenn der Kunde in diesem Zeitraum nicht widersprochen hat.

Die Verbraucherzentralen sahen darin eine Benachteiligung der Kunden. Immerhin könnten die Banken so die Verträge zu ihren Gunsten abändern und darauf hoffen, dass die Kunden sich einfach nicht darum kümmern. Der BGH sah das ähnlich. Laut dem BGH-Urteil darf die beklagte Postbank die Klauseln zukünftig nicht mehr einsetzen und sich auch nicht mehr darauf berufen. Da andere Banken und Sparkassen ähnliche Formulierungen verwenden, dürfte das Urteil auch Auswirkungen auf andere Kreditinstitute haben. Sie müssen wohl zukünftig eine ausdrückliche Zustimmung von ihren Kunden einholen, wenn sie die AGB ändern wollen. Als Alternative bei Kunden, die nicht reagieren, bleibt nur die Kündigung, sofern die Verträge gekündigt werden können.

Verbraucherschützer sehen nach Urteilsbegründung Recht auf Erstattung

Inzwischen hat der BGH auch seine Urteilsbegründung veröffentlicht. Interessant dabei ist u.a., dass der BGH auch das Risiko für die Rückwirkung von höchstrichterlichen Entscheidungen beim Verwender von AGBs sieht, also bei den Banken. Die Ablehnung der beanstandeten Klauseln fällt auch so klar aus, dass das Urteil auf alle Banken und Sparkassen, die ähnliche Formulierungen verwendet haben, Auswirkungen haben dürfte. Das dürften alle sein.

Viele Verbraucherschützer (z.B. die Stiftung Warentest) und Medien gehen nach Studium der Urteilsbegründung davon aus, dass Bankkunden auch bereits bezahlte Kontoführungsgebühren zurückfordern können. Da in der Regel alle Preisanpassungen seit Vertragsschluss (bzw. seit dem letzten vom Kunden gewünschten Wechsel des Kontomodells) ungültig sind, gelten letztlich wohl weiter die ursprünglich vereinbarten Bankgebühren. Hat die Bank seit dem Vertragsabschluss die Kontoführungsgebühren erhöht oder zusätzliche Gebühren eingeführt, kann der Kunde die Differenz zu den ursprünglichen Konditionen zurückfordern. Dabei können die zu viel bezahlten Kontoführungsgebühren zumindest für das aktuelle Kalenderjahr und die vorhergehenden drei Kalenderjahre zurückgefordert werden.

Auch die Banken scheinen inzwischen davon auszugehen, dass die Kunden ein Recht darauf haben, zu viel gezahlte Gebühren zurückzubekommen. So hat die Deutsche Bank bereits Rückstellungen in Höhe von 100 Mio. Euro für Rückforderungen gebildet und rechnet mit Mindereinnahmen von 200 Mio. Euro im zweiten Halbjahr 2021. Auch die Commerzbank erwartet Belastungen „im mittleren zweistelligen Millionenbereich“.

Es ist nicht davon auszugehen, dass die Banken von sich aus zu viel gezahlte Kontoführungsgebühren erstatten. Aufgrund der nun recht klaren Rechtslage dürften die Kreditinstitute aber Prozesse scheuen und Kontoführungsgebühren erstatten, wenn der Kunde das verlangt. Wir haben für Sie einen kostenlosen Musterbrief zur Rückforderung von Bankgebühren erstellt.

Inzwischen berichten Verbraucherzentralen und der Spiegel, dass Banken auf die Rückforderung von Kontoführungsgebühren teilweise mit der Kündigung des Kontos reagieren. Das ist grundsätzlich zulässig. Die Kündigung lässt sich möglicherweise umgehen, indem man den Gebührenerhöhungen zwar nicht rückwirkend, aber für die Zukunft zustimmt.

Auch die BaFin übt mittlerweile Druck auf die Banken aus, die unrechtmäßig erhobenen Gebühren nicht weiter zu kassieren und bereits bezahlte Kosten zu erstatten. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat Ende 2021 die ersten Musterfeststellungsklagen gegen die Sparkasse KölnBonn und die Berliner Sparkasse eingereicht.

Autor

Robert hat als Diplomkaufmann und Wirtschaftsingenieur nicht nur die besten Voraussetzungen dafür, den reibungslosen Ablauf der Webseite sicherzustellen, sondern auch den perfekten Background, um vor allem komplexe Wirtschafts-Themen nutzerfreundlich und nachvollziehbar aufzubereiten. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Abgasskandal, Geldanlage, Kreditrecht, Flugrecht und Versicherung. Nach seinem Ausscheiden bei RECHTECHECK wechselte Robert zur Nürnberger Werbeagentur BESONDERS SEIN.

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