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Privatinsolvenz: Ablauf, Dauer, Rechte und Pflichten

8. Januar 2021

Die Privatinsolvenz ist ein vereinfachtes Insolvenzverfahren und in drei Jahren möglich

Sind Privatpersonen so hoch verschuldet, dass es keine Möglichkeit mehr gibt, die verschiedenen Forderungen zu tilgen, bleibt als letzter Weg nur die Insolvenz. Die Privatinsolvenz, auch Verbraucherinsolvenz genannt, stellt ein vereinfachtes Insolvenzverfahren dar und ist in der Insolvenzordnung (InsO) geregelt.

Das Verfahren steht privaten Personen, ehemaligen Selbstständigen und Kleingewerbetreibenden offen, die weniger als 20 Gläubiger und keine Verbindlichkeiten gegenüber Arbeitnehmern haben. Es kann in vier wesentliche Schritte aufgeteilt werden. Durchläuft der Schuldner diese Phasen erfolgreich, kann er am Ende eine Restschuldbefreiung beantragen. Das bedeutet, dass der Schuldner die bis dahin noch übrigen Schulden nicht mehr zurückzahlen muss und einem Neuanfang nichts mehr im Wege steht.

Die vier Schritte der Privatinsolvenz

Der erste Schritt der Privatinsolvenz ist der außergerichtliche Insolvenzvergleich. Der Schuldner bittet alle Gläubiger um Auskunft über die Höhe seiner jeweiligen Schulden. Basierend auf diesen Informationen wird dann ein Schuldenbereinigungsplan erstellt. Dieser beinhaltet die Einigung mit den Gläubigern über eine teilweise Rückzahlung der Schulden. Gelingt diese Einigung, endet das Verfahren der Insolvenz an dieser Stelle.

Lehnt auch nur ein Gläubiger den Schuldenbereinigungsplan ab, gilt der Plan als gescheitert. Spätestens für die Bescheinigung über das Scheitern der außergerichtlichen Einigung, die für den weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens benötigt wird, bedarf es einer nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO anerkannten Stelle. Solche Stellen sind eine öffentlich anerkannte Schuldnerberatung, zertifizierte Verbraucherzentralen, Steuerberater, Notare oder spezialisierte Rechtsanwälte.

Der zweite Schritt: Mit der Bescheinigung über das Scheitern der außergerichtlichen Einigung wird nun beim Insolvenzgericht der Eröffnungsantrag der Insolvenz eingereicht (§ 311 InsO). Das Insolvenzgericht erstellt daraufhin einen gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan und prüft noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens dessen Erfolgsaussichten. Bei guten Aussichten wird der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan an die Gläubiger verschickt. Wird dieser nun von mehr als der Hälfte der Gläubiger angenommen, richtet sich die Abwicklung der Schulden nach dem gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan. Wird der Plan hingegen abgelehnt, wird das Verfahren der Privatinsolvenz eröffnet. Dies ist der dritte Schritt.

Nach Eröffnung des Privatinsolvenzverfahrens wird für den Schuldner ein Treuhänder bestellt. Dieser erstellt eine Insolvenztabelle mit allen Gläubigern, der Schuldenhöhe und des jeweiligen Schuldengrundes und verwaltet das Vermögen des Schuldners.

Als vierter und letzter Schritt des Verfahrens folgen die Wohlverhaltensphase und die Restschuldbefreiung. Ziel der Insolvenz ist es, am Ende des Verfahrens einen Teil der Schulden erlassen zu bekommen. Dies ist die sogenannte Restschuldbefreiung. Das komplette Restschuldbefreiungsverfahren beginnt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und besteht aus einer insgesamt dreijährigen Wohlverhaltensphase (bei Eröffnung bis September 2020: 6 Jahre). In dieser muss der Schuldner jede zumutbare Tätigkeit annehmen bzw. seine Erwerbstätigkeit beibehalten, den pfändbaren Teil seines Einkommens sowie die Hälfte eines etwaigen Erbes an den Treuhänder abgeben. Der Treuhänder verteilt dieses Geld dann gemäß der Insolvenztabelle an die Gläubiger.

Nach Ablauf der Wohlverhaltensphase kommt es zu einem Zusammentreffen zwischen Schuldner und Gläubigern, wobei der Schuldner die Restschuldbefreiung beantragt. Wird diese anerkannt, ist der Schuldner von seinen restlichen Schulden befreit. Keine Restschuldbefreiung ist möglich, wenn Schulden aus Unterhaltsforderungen herrühren oder der Schuldner wegen einer Steuerstraftat verurteilt wurde. Die Gläubiger können den Antrag auf Restschuldbefreiung außerdem ablehnen, wenn der Schuldner falsche Angaben über wirtschaftliche Verhältnisse macht oder keiner möglichen Erwerbstätigkeit nachgeht.

Insolvenzverschleppung nur bei Insolvenz von Unternehmen strafbar

Stellt der Geschäftsführer eines Unternehmens keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, obwohl er weiß, dass das Unternehmen überschuldet und zahlungsunfähig ist, stellt dies eine strafbare Insolvenzverschleppung nach § 15a IV InsO dar und wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft.

Für Privatpersonen hat die fehlende Beantragung der Insolvenz keine strafrechtlichen Folgen. Eine Insolvenzverschleppung kann aber zur Folge haben, dass die Restschuldbefreiung versagt wird.

Umziehen ins EU-Ausland für Vorteile in der Privatinsolvenz?

In einigen Ländern des EU-Auslandes kann eine Restschuldbefreiung bereits nach neun bis fünfzehn Monaten erfolgen. Dass ein solches Insolvenzverfahren im Ausland für Deutsche möglich ist, bestimmt die Verordnung des Rates der Europäischen Union 1346/2000 sowie ein Urteil des Bundesgerichtshofes (IX ZB 51/00). Aber Vorsicht! Der Schuldner muss in dem Land, in welchem er die Privatinsolvenz beantragt, seinen festes Wohnsitz sowie Lebensmittelpunkt haben und darf nicht nur zum Schein dorthin umgezogen sein.

Ob sich ein solcher Aufwand insbesondere im Hinblick auf die Neuregelung des verkürzten Privatinsolvenzverfahrens in Deutschland seit 2021 lohnt, sollte genau überlegt werden. Verhält sich der Schuldner bei der Restschuldbefreiung im Ausland rechtswidrig oder war nur zum Schein umgezogen, so verliert er die Möglichkeit der Restschuldbefreiung sowohl im Ausland als auch in Deutschland.

Quellen: Insolvenzverordnung, Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz

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