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Entgelttransparenzgesetz: Transparente Auskunft über Gehälter für mehr Gleichberechtigung

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Das Entgelttransparenzgesetz soll die Gehaltslücke zwischen den Geschlechtern verkleinern.
11. November 2020

Frauen sind immer noch unterbezahlt, die sogenannte Gender Pay Gap ein regelmäßig wiederkehrendes Thema in den Medien. Und das vollkommen zu Recht:  Statistisch gesehen liegt die sogenannte unbereinigte Lohnlücke zwischen Frauen und Männern noch immer bei rund 21 Prozent (Statistisches Bundesamt 2017). Im Bundesdurchschnitt und über alle Berufszweige hinweg verdienen Männer also über ein Fünftel mehr als Frauen. Grund dafür ist, dass weibliche Arbeitnehmer häufiger in schlechter bezahlten „Frauenberufen“ arbeiten, seltener Führungspositionen einnehmen und häufiger Babypausen einlegen, alleine schon bedingt durch den Mutterschutz. Deshalb hat der Bundestag bereits Initiativen wie das ElterngeldPlus und eine Geschlechterquote von 30 Prozent in Aufsichtsräten ergriffen, die in diesem Bereich vor allem langfristig Besserung bringen sollen.

Aber auch bei gleichen formalen Qualifikationen und Karrierestufen gibt es einen durchschnittlichen Entgeltunterschied von rund 6 Prozent. Hier sprechen wir von der bereinigten Gender Pay Gap und genau dort setzt das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen an. Durch eine Verbesserung der Entgelt-Transparenz in Unternehmen soll es bei der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern helfen. Nach dem Prinzip „gleiches Entgelt bei gleichwertiger Arbeit“ wurde Mitte 2017 das meist kurz Entgelttransparenzgesetz genannte gesetzliche Regelwerk verabschiedet.

Das Gesetz für mehr Transparenz und Gehaltsvergleich

Dieses Gesetz beinhaltet drei grundlegende Dinge, die zusammen Entgeltgleichheit für Frauen und Männer bei gleicher Arbeit gewähren sollen:

  • einen individuellen Anspruch auf Gehalts-Auskunft für Arbeitnehmer in Unternehmen mit mehr als 200 Angestellten,
  • eine Aufforderung an private Arbeitgeber mit mehr als 500 Angestellten, ihre Entgeltstrukturen zu überprüfen und
  • eine Berichtspflicht über die Entgeltgleichheit für Arbeitgeber mit mehr als 500 Angestellten.

Das Gesetz wurde sehr „mittelstandsfreundlich“ gestaltet, sodass es für berufstätige Menschen in Unternehmen mit unter 200 Mitarbeitern gar nicht greift. Zwar gibt es hier auch durchaus begründete Datenschutzbedenken – die Gehaltsauskunft erfolgt anonym und bei manchmal nur zwei oder drei Mitarbeitern innerhalb eines Teams ist das nicht mehr gegeben – trotzdem wird die Durchsetzungsfähigkeit des Gesetzes unter anderem deshalb regelmäßig kritisiert. Sollte das Gesetz nachträglich geändert oder angepasst werden, erfahren Sie es selbstverständlich auf dieser Seite.  

Wer muss Ihnen eine Entgelt-Auskunft geben?

Bei wem Sie den Antrag auf Entgelt-Auskunft stellen müssen, hängt davon ab, ob Ihr Arbeitgeber tarifgebunden oder tarifverwendend ist und ob es einen Betriebsrat gibt:

  • Es existiert ein Betriebsrat:

Grundsätzlich ist der Betriebsrat für die Auskunft zuständig. Der Betriebsrat muss dazu alle notwendigen Informationen vom Arbeitgeber bekommen. Sofern der Betriebsrat informiert wurde, kann aber auch Ihr Arbeitgeber Ihnen Auskunft erteilen. In allen Fällen muss der Arbeitgeber Sie aber darüber informieren, wer für den Gehaltsvergleich zuständig ist.

  • Es existiert kein Betriebsrat aber der Arbeitgeber ist tarifgebunden/tarifanwendend:

In diesem Fall ist grundsätzlich der Arbeitgeber für die Auskunft verantwortlich. Dieser kann jedoch die Verantwortung der Auskunft auf die jeweiligen VertreterInnen der zuständigen Tarifvertragsparteien übertragen. Auch hier müssen Sie über den zuständigen Ansprechpartner informiert werden.

  • Ihr Arbeitgeber ist nicht tarifgebunden/tarifanwendend und es existiert auch kein Betriebsrat:

Hier ist der Arbeitgeber selbst für die Auskunft verantwortlich. Diese muss in schriftlicher Form innerhalb von 3 Monaten gegeben werden.

Auskunft über das Gehalt Ihrer Kollegen

Arbeiten Sie in einem Betrieb mit mehr als 200 Beschäftigten, können Sie bei Ihrem Arbeitgeber also Auskunft über die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung, sowie einen Vergleich mit dem Entgelt gleichrangiger Mitarbeiter des anderen Geschlechts fordern. Dazu gehört eine Auskunft über das durchschnittliche Bruttoentgelt und von bis zu zwei weiteren Entgeltbestandteilen wie der Leistungszulage oder der Erschwerniszulage, sprich Sonderzahlungen. Den Antrag auf diese Auskunft müssen Sie schriftlich stellen und dabei auch die Vergleichstätigkeit nennen, mit der Sie sich gleichwertig sehen. Als Abteilungsleiter geben Sie etwa andere Abteilungsleiter im Unternehmen als Vergleichsgruppe an und fordern Auskunft über das Gehalt und beispielsweise Sonderzahlungen und Dienstwagen.

Dabei werden Sie allerdings nicht das Gehalt einzelner Kolleginnen und Kollegen erfahren, sondern laut §10 EntTranspG das Durchschnitts-Entgelt von Arbeitnehmern mit vergleichbarer Tätigkeit des jeweils anderen Geschlechtes. Selbst das allerdings nur, wenn es von diesen Arbeitnehmern mindestens sechs gibt – darunter muss der Arbeitgeber laut §12 EntTranspG die personenbezogenen Daten der betroffenen Mitarbeiter schützen und darf Ihnen keine Auskunft erteilen.

Grundsätzlich kann diese Auskunft nach dem Entgelttransparenzgesetz alle 2 Jahre gegeben werden. Ändert sich Ihr Tätigkeitsbereich innerhalb dieser 2 Jahre, so kann auch ein erneuter Antrag auf eine Entgelt-Auskunft früher gestellt werden.

Der Gehalts-Median: Warum Durchschnitts-Gehalt nicht Durchschnitts-Gehalt ist

Spricht §10 EntTranspG noch eindeutig von „durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelt“, präzisiert §11 EntTranspG hier:

„Die Auskunftsverpflichtung in Bezug auf das Vergleichsentgelt erstreckt sich auf die Angabe des Entgelts für die Vergleichstätigkeit (Vergleichsentgelt). Das Vergleichsentgelt ist anzugeben als auf Vollzeitäquivalente hochgerechneter statistischer Median des durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelts sowie der benannten Entgeltbestandteile, jeweils bezogen auf ein Kalenderjahr […]“

Ein Median – manchmal auch Zentralwert genannt – benennt allerdings nicht den tatsächlichen Durchschnitt, sondern den mittleren real existierenden Entgelt-Wert. Das macht die Sache etwas komplizierter, denn in der Praxis könnte die Verteilung auch so aussehen:

2.5002.7002.7002.8003.5003.9004.200

Vier relativ neue Arbeitnehmer stehen hier drei Mitarbeitern mit Altverträgen gegenüber. Der Median, den Sie durch die Auskunft erhalten, zeigt Ihnen aber nicht an, wie groß die tatsächliche Schere innerhalb der vergleichbaren Positionen ist. Dazu kommt, dass der Begriff des Entgelts an sich recht weitläufig ist.

Welche Leistungen fallen unter „Entgelt“?

Unter dem Begriff „Entgelt“ fallen alle Geldleistungen und Sachleistungen, die dem Arbeitnehmer aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt werden. Dazu gehören neben dem Gehalt und Sonderzahlungen auch Leistungen wie ein Dienstwagen, die bei der Frage nach der Gehaltsgleichheit selbstverständlich mit einbezogen werden müssen. Sie bekommen genauso viel Grundgehalt wie der Kollege auf gleicherer Karrierestufe, aber er bekommt einen deutlichen höheren Mitarbeiterrabatt, den er auch in Anspruch nimmt? Auch darin besteht eine Ungleichheit und je nach Komplexität der Entgelt-Zusammensetzung können Sie diese nur schwierig greifen, da Sie über das Entgelttransparenzgesetz lediglich über zwei Entgeltbestandteile Auskunft einholen dürfen.

Transparenz und ein Recht auf die Auskunft Ihres Gehaltes sollen eine Gleichbehandlung von Frauen und Männern sicherstellen.
Transparenz und ein Recht auf die Auskunft Ihres Gehaltes sollen eine Gleichbehandlung von Frauen und Männern sicherstellen.

Ich bekomme kein gerechtes Entgelt – was kann ich tun?

Wenn sich im Zuge Ihrer Entgelttransparenz-Anfrage herausstellt, dass Sie im Vergleich zu den Kollegen mit gleicher Tätigkeit weniger Entgelt bekommen, sollten Sie sich in erster Linie an Ihren Arbeitgeber oder den Betriebsrat wenden. Gemeinsam können sie dann die Gründe dafür besprechen und eine Lösung finden. Ein tatsächlicher Durchsetzungsanspruch ergibt sich aus dem Entgelttransparenzgesetz nämlich nicht.

Hier greifen allerdings das Verbot der Schlechterstellung aufgrund des Geschlechts nach §3 EntTranspG und das Entgeltgleichheitsgebot nach Europarecht und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. In der Praxis ist es jedoch sehr schwierig nachzuweisen, dass eine Schlechterstellung aufgrund des Geschlechts erfolgt ist. Spätestens, wenn Sie sich wegen einer ungerechtfertigten Behandlung zu einer Klage gezwungen sehen, sollten Sie sich die Hilfe eines erfahrenen Fachanwalts für Arbeitsrecht sichern. Mit seiner Hilfe lassen sich die Fallstricke und Einschränkungen des Gesetzes zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen auf dem Weg zu Ihrem Recht leichter umgehen.

Die Berichtspflicht des Arbeitgebers zur Entgeltgleichheit

Zwar hat der Berichts-Teil des Entgelttransparenzgesetzes ab §21 EntTranspG kaum Einfluss auf Ihren individuellen Einzelfall, als Werkzeug vor allem gegen die generelle Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt ist er jedoch von großer Bedeutung. 

Die Berichtspflicht besagt, dass Unternehmen und Betriebe mit mehr als 500 Beschäftigten verpflichtet sind, einen Lagebericht zusammen zu stellen und für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Darin müssen Maßnahmen und deren Wirkungen zur Sicherstellung der Gleichstellung von Frauen und Männern festgehalten sein. Die Bemühungen des Arbeitgebers, für Gleichbehandlung zu sorgen, müssen erkennbar sein. Tarifgebundene oder tarifanwendende Arbeitgeber müssen diesen Bericht alle 5 Jahre veröffentlichen, alle anderen Arbeitgeber alle 3 Jahre.

Zu dem Bericht gehört außerdem die Auskunft über die durchschnittliche Gesamtzahl der Arbeitnehmer und die durchschnittliche Anzahl der Vollzeitarbeiter und Teilzeitarbeiter. Diese sind nach Geschlecht aufzuteilen.

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