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Wann kann ich ein Testament anfechten?

Testament anfechten – Gründe und Folgen
18. April 2024
  • Wer Anfechtungsberechtigt ist hängt vom Anfechtungsgrund ab.
  • Das Nachlassgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers ist für eine Testamentsanfechtung zuständig.
  • Die Testierunfähigkeit eines Erblassers ist nur schwer zu beweisen.
  • Erblasser können mehren Fehlern bei der Erstellung des Testamentes unterliegen.
  • Der Anfechtende muss für die Kosten des Verfahrens in Vorleistung treten.

Der letzte Wille einer Person ist zu berücksichtigen! – Die Aussage stimmt nicht
immer. Jeder Mensch hat seine individuellen Vorstellungen was nach seinem
Ableben mit seinem Hab und Gut passieren soll. Das Testament soll
gewährleisten, dass die Hinterbliebenen diesen Vorstellungen Folge leisten. Doch
nicht jeder ist mit den Vorstellungen des Erblassers einverstanden, oder muss
diese hinnehmen. Im nachfolgenden Artikel erklären wir Ihnen, wann ein
Testament anfechtbar ist, und wie Sie vorgehen müssen.

Formelle Verfahrensvoraussetzungen

Wer anfechtungsberechtigt ist, hängt von davon ab, auf welche
Anfechtungsgründe sich gestützt wird. Bei Zweifel an der Echtheit oder der
Wirksamkeit eines Testaments ist Jedermann anfechtungsberechtigt. Wird die
Anfechtung hingegen auf vermutete Irrtümer oder Sittenwidrigkeit vorgenommen,
sind nur diejenigen anfechtungsberechtigt die von einer erfolgreichen Anfechtung
profitieren würden.

Die Anfechtung muss schriftlich, als formlose Erklärung an das Nachlassgericht
gesendet werden. Das zuständige Nachlassgericht ist grundsätzlich das
Amtsgerichtes am Ort, an dem der Erblasser zuletzt seinen Wohnsitz hatte.
Wichtig denken Sie daran die Nachlasssache zu benennen und das Aktenzeichen
anzugeben. Achten Sie darauf klar zu formulieren, ob Sie das ganze Testament
oder nur Teile anfechten möchten.

Bei Anfechtung des Testaments wegen einem Vermächtnis muss die Anfechtung
stattdessen gegenüber der Erbengemeinschaft erfolgen.

Die Anfechtung muss innerhalb eines Jahres nach der Testamentseröffnung
vorgenommen werden. Werden die Anfechtungsgründe erst nach Ablauf eines
Jahres bekannt, verlängert sich die Frist um ein Jahr nach Kenntniserlangung des
Anfechtungsgrundes. Das Testament erhält nach 30 Jahren Bestandskraft, sodass
nach Ablauf keine Anfechtung mehr möglich ist.

Anfechtungsgründe

Um ein Testament anzufechten, bedarf es einen triftigen Grund. Man
unterscheidet dabei um Anfechtungsgründe im weiten und engeren Sinne.

Anfechtungsgründe im weiteren Sinne

Unter Anfechtungsgründe im weiteren Sinne fallen die Testierfähigkeit und
Formfehler im Testament. Wie zuvor erläutert, kann eine Anfechtung, welche auf
diese Gründe gestützt wird durch Jedermann erfolgen.

Formfehler

Ein Testament muss vom Erblasser handschriftlich verfasst und unterschrieben
werden. Zudem muss das Testament leserlich sein. Ist der Inhalt des Testaments
nicht zu erkennen, kann dies zu einer Unwirksamkeit führen.

Testierfähigkeit

Der Erblasser musste zum Zeitpunkt der Testamentserstellung auch testierfähig
sein. Demnach muss der Erblasser in der Lage sein die Bedeutung seines
Handelns zu verstehen und danach zu handeln. Gründe für eine Testierunfähigkeit
können dauerhafte oder vorrübergehende Geistesschwäche oder
Bewusstseinsstörungen sein. Befindet sich der Erblasser beispielsweise bei dem Verfassen eines Testaments in einer Psychose, bestehen Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers. Gleiches gilt starker Demenz.

Zweifel an der Testierfähigkeit sind in der Praxis nur schwer nachweisbar, da der
Erblasser auch bei einer langanhaltenden Krankheit, bei „lichten“ Momenten ein
wirksames Testament errichten kann. Zudem ist nicht immer klar, wann eine
bewusstseinsstörende Krankheit den Schwellenwert der Testierunfähigkeit
erreicht. Sie sollten sich daher anwaltlich beraten lassen, um die Beweisbarkeit
überprüfen zu lassen.

Liegt ein Formfehler oder eine Testierunfähigkeit vor, wird in der Regel das
gesamte Testament unwirksam.

Anfechtungsgründe im engeren Sinne

Haben die Erben die Vermutung, dass sich der Erblasser bei der Verfassung des
Testaments bezüglich einer oder mehreren Verfügungen geirrt hat, spricht man
von Anfechtungsgründen im engeren Sinne.

Ein Erblasser kann sich auf vielerlei Hinsicht irren. Verschreibt sich der Erblasser
und gibt beispielsweise eine falsche Summe an, oder setzt das Komma nicht
richtig, kann ein Erklärungsirrtum vorliegen. Irrt sich der Erblasser hingegen über
die Sachlage die Grundlage für seine Entscheidung ist, handelt es sich
wahrscheinlich um einen Inhaltsirrtum.

Auch Motivirrtümer können eine Anfechtung rechtfertigen. Ein Motivirrtum liegt
vor, wenn der Erblasser beim Verfassen von Umständen ausgeht, die sich im
Anschluss als falsch erweisen. Dies liegt beispielsweise vor, wenn der Erblasser
sich durch die Verfügung noch zu Lebzeiten ein bestimmtes Verhalten der
zukünftigen Erben erhofft. Beispielsweise geht der Erblasser davon aus, dass sich
seine Tochter um ihn zu seinem Tod kümmern werde. Nachdem der Erblasser stark an einer Demenz erkrankt, wird er jedoch in eine Pflegeeinrichtung eingewiesen wo er wohnt bis er stirbt.

Weiter kommt als Anfechtungsgrund auch aufgrund einer widerrechtlichen
Drohung in Betracht. Dies ist jedoch nur dann gegeben, wenn es sich um eine
strafrechtliche Drohung handelt.

Darüber hinaus kann ein übergangener Pflichtteilsberechtigter das Testament
anfechten, wenn der Erblasser ihn unbewusst als Erbe unberücksichtigt hat. Dies
ist beispielsweise dann gegeben, wenn der Erblasser nicht wusste, dass er noch
weitere Kinder hat.

Einzelne Verfügungen können auch dann angefochten werden, wenn nicht der
Erblasser, sondern andere Miterben sich als unwürdig erweisen. Dies umfasst
schwere Verfehlungen gegenüber dem Erblasser. Das ist dann der Fall, wenn der
Erbe einen Mord oder einen Mordversuch an den Erblasser behangen hat oder den
Erblasser durch Drohung oder arglistige Täuschung zum Erstellen des Testaments
bewegt hat. Auch wenn ein Miterbe ein Testament unterschlägt oder fälscht,
erweist er sich als erbunwürdig.

Konsequenzen einer Anfechtung

Bei einer erfolgreichen Anfechtung wird entweder das gesamte Testament oder
Teile des Testamentes für unwirksam erklärt. Anstelle des Testaments wird
entweder ein älteres Testament hinzugezogen oder die Erbfolge wird nach den
gesetzlichen Regelungen abgewickelt.

Die Kosten des Verfahrens müssen zunächst durch den Anfechtenden gezahlt
werden. Bei erfolgreicher Anfechtung werden die Kosten durch das
Nachlassvermögen getilgt. Die Kosten des Verfahrens richten dich nach dem
Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) und sind verhältnismäßig gering.

Autor

Samantha ist Juristin mit den Schwerpunkten Zivilrecht und Vertragsgestaltung. Sie absolvierte ihr erstes Staatsexamen in Bonn, erwarb einen LL.M. in Internationaler Schiedsgerichtsbarkeit in Stockholm und sammelte mehrere Jahre Berufserfahrung im Energie- und Vertragsrecht. Als engagierte Autorin bringt sie juristische Themen aus Begeisterung auf den Punkt.

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