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Versetzung ins Ausland zulässig – das entschied das Bundesarbeitsgericht

BAG: Versetzung ins Ausland zulässig
BAG: Versetzung ins Ausland zulässig
24. Januar 2023

Zusammenfassung:

  • Ein international tätiges Unternehmen darf seinen Mitarbeiter grundsätzlich an einen Standort im Ausland versetzen.
  • Etwas anderes gilt nur, wenn dies im Arbeitsvertrag ausgeschlossen wurde.
  • Die Versetzung muss zulässig und im Einzelfall zumutbar sein.

Wer in Deutschland wohnt, hat hier mehr als nur den rechtlichen Wohnsitz: Viele Menschen werden durch ihre Familie, ihre Freunde, ihr soziales Umfeld und ihren Beruf an ihre Heimat gebunden. Das alles kann plötzlich wegbrechen, wenn der Arbeitgeber verlangt, dass der Arbeitnehmer seinen Beruf von nun an im Ausland ausübt. Für viele Betroffene dürfte diese Ankündigung entsprechend überraschend sein. Dies gilt auch für einen Piloten von Ryanair, der sich gegen eine entsprechende Arbeitsanweisung gerichtlich zur Wehr gesetzt hat. Erfolgreich war er damit allerdings nicht – denn die Versetzung ins Ausland ist zulässig, entschied das Bundesarbeitsgericht

Deutscher Ryanair-Pilot wurde in das italienische Bologna versetzt 

Die Nähe des Arbeitsplatzes zum Wohnort ist für viele Menschen ein Argument für einen bestimmten Arbeitgeber. Denn so sparen sie sich lange Fahrtwege und die damit verbundene Zeit. Deshalb wäre für diverse Arbeitnehmer bereits die Versetzung in die nächste Großstadt mit Strapazen verbunden. 

Auf die Spitze getrieben hat dieses Szenario die Fluggesellschaft Ryanair: Das Unternehmen hat einen Piloten aus Nürnberg nicht nur innerhalb von Deutschland, sondern gleich in die italienische Stadt Bologna versetzt. Der Ryanair-Mitarbeiter hielt diese Versetzung für unzulässig und zog mit seiner Klage durch den gesamten Instanzenzug – erfolglos. Denn das Bundesarbeitsgericht (BAG) – das höchste deutsche Arbeitsgericht – hat die Arbeitsanweisung für rechtmäßig erklärt. 

Dieses Urteil (Urt. v. 30.11.2022, Az. 5 AZR 336/21) betrifft allerdings nicht nur den Piloten, sondern kann sich auf die Arbeitsplätze vieler deutscher Arbeitnehmer auswirken. Denn das BAG hat damit eine Grundsatzentscheidung gefällt, von der unzählige Mitarbeiter international tätiger Unternehmen betroffen sind. 

International agierender Arbeitgeber? Auslandsversetzung u.U. zulässig 

In den Ausführungen des BAG heißt es, dass Arbeitnehmer sogar auf Dauer ins Ausland versetzt werden können. Etwas anderes gelte nur dann, wenn im Arbeitsvertrag eine andere Regelung wurde. Denn ein internationaler Arbeitgeber habe ein Weisungsrecht, das auch im Hinblick auf ausländische Standorte gelte. Allerdings käme es letztlich auf den Einzelfall und auf die Zumutbarkeit der Versetzung für den Arbeitnehmer an. Ist sie nicht gegeben, sei die Versetzung unzulässig. 

Die Richter des Bundesarbeitsgerichts sprachen sich für eine zweistufige Billigkeitsprüfung aus, falls die Möglichkeit der Versetzung im Arbeitsvertrag offengehalten wurde. Zunächst müsse geprüft werden, ob die Versetzung an sich zulässig ist und dem geltenden Recht entspricht. Im zweiten Schritt sei zu untersuchen, ob sie auch im konkreten Einzelfall zumutbar ist. 

Die zentrale Norm der Entscheidung war § 106 GewO, deren Anwendungsbereich unter Arbeitsrechtlern umstritten war. So hielten viele von ihnen – unter anderem der Anwalt des klagenden Piloten – die Anwendung des Paragraphen auf den Arbeitsort für unwirksam bzw. zumindest für auf das deutsche Territorium begrenzt. Das BAG entschied allerdings, dass eine derartige Begrenzung der Norm nicht zu entnehmen sei und deshalb keine Anwendung finden könne. 

Ryanair-Pilot bleibt in Bologna – mit einem geringeren Gehalt 

Der deutsche Ryanair-Pilot wollte zurück in seine Heimatstadt Nürnberg versetzt werden. Sein Anwalt führte darüber hinaus an, dass die Versetzung nach Italien für seinen Mandanten mit Gehaltseinbußen von mehreren zehntausend Euro einhergingen. Dies entspricht allerdings der Vereinbarung, die der Pilot in seinem Arbeitsvertrag mit Ryanair unterzeichnet hat: Dort wurde der Einsatz des Arbeitnehmers an anderen Standorten des Unternehmens ausdrücklich offengehalten. Im Falle einer Versetzung solle auch das Gehalt an das dort geltende System angepasst werden.

Autor

Lisa hat Jura studiert und ist seit ihrem ersten Examen neben ihrem Master of Laws (LL.M.) als freiberufliche Autorin tätig. Schon seit Jahren schreibt sie juristische Beiträge für verschiedene Blogs, Kanzleien und Unternehmen.

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