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Elektroautos: Reichweite zu gering und Verbrauch zu hoch

Eine zu geringe Reichweite bei Elektroautos erlaubt oft den Rücktritt vom Kauf oder eine Entschädigung (Kaufpreisminderung).

e-Auto beim Laden: Hat die Batterie nicht genug Kapazität, muss man unterwegs „tanken“.
19. Mai 2022

Zusammenfassung

  • Elektroautos haben oft deutlich weniger Reichweite als angegeben.
  • Grund können ein erhöhter Verbrauch oder zu geringe Batteriekapazität sein.
  • Besonders im Winter haben die E-Autos von Tesla, VW, Hyundai, Mercedes & Co. Reichweiten-Probleme.
  • Betroffene Kunden können teilweise Entschädigung oder eine Rückabwicklung fordern – in manchen Fällen sogar ein Nachfolgemodell.

Zu geringe Reichweite bei Elektroautos

In den Katalogen für Teslas Model 3 oder den ID.3 von VW sehen die Reichweiten und der Verbrauch noch ganz gut aus. Im realen Betrieb machen manche Kunden dann ganz andere Erfahrungen. Das bestätigen auch zwei Studien des ADAC: Zum einen verbrauchen fast alle Elektroautos im Realbetrieb mehr Strom als offiziell angegeben. Zum anderen steigt der Verbrauch noch einmal deutlich an, wenn die Temperaturen sinken. Dabei zeigten sich drastische Unterschiede, die auf Konstruktionsfehler hindeuten könnten. So stieg bei einem Test der Verbrauch eines Fiat 500e um etwa ein Drittel, während er sich beim VW ID.3 fast verdoppelte. Wichtige Einflussfaktoren für das Abweichen der tatsächlichen von den angegebenen Werten zu Verbrauch und Reichweite sind:

  • Die Fahrzyklen, die für die Bestimmung des „offiziellen“ Verbrauchs verwendet werden, sind wenig realistisch. „Sportliches“ Fahrverhalten und ungünstige Streckenprofile (starke Steigungen) treiben den Verbrauch schnell in die Höhe.
  • Bei Verbrennungsmotoren erfolgt die Heizung des Innenraums über Abwärme, die sonst über den Kühler „entsorgt“ würde. E-Autos brauchen dagegen eine elektrische Heizung, die den Verbrauch erhöht. Außerdem müssen auch die Akkus temperiert werden – sowohl für die Fahrt als auch für (Schnell-)Ladevorgänge.
  • Die Batterien altern mit der Zeit. Das kann noch verschlimmert werden, wenn man das E-Auto nicht nach den Herstellerangaben lädt. Dann kann es auch zu Problemen mit der Herstellergarantie kommen.
  • Es kam auch schon vor, dass durch Software-Updates in die Batteriesteuerung eingegriffen und so Verbrauch oder Reichweite verschlechtert wurden.
  • Denkbar ist auch, dass die Hersteller beim Zulassungsverfahren betrügen, ähnlich wie beim Diesel-Abgasskandal.
  • Außerdem entstehen immer sogenannte Ladeverluste. Das bedeutet, dass die Wallbox mehr Energie abgeben muss als in der Batterie gespeichert wird. Muss im Winter die Batterie vor dem Laden vorgewärmt werden, steigen die Ladeverluste noch einmal an. Die gute Nachricht: Obwohl Ladeverluste den effektiven Verbrauch erhöhen, haben sie zumindest keinen Einfluss auf die Reichweite.

Ansprüche während der Gewährleistung

Hat ein E-Auto einen höheren Verbrauch und/oder eine niedrigere Reichweite als angegeben, stellt das grundsätzlich einen „Sachmangel“ dar. Zwar gibt es bisher kaum Rechtsprechung zu Verbrauch und Reichweite von Elektroautos, die Rechtslage dürfte aber ähnlich sein wie bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Die Gewährleistungsansprüche sind auf den Gewährleistungszeitraum beschränkt. Bei Neuwagen sind das 2 Jahre, bei Gebrauchtwagen vom Händler 1 Jahr ab Übergabe. Der Anspruch besteht immer gegenüber dem Verkäufer, in vielen Fällen also gegenüber einem Händler.

Diese Rechte haben Verbraucher:

  • Nachbesserung: Zunächst muss dem Verkäufer die Möglichkeit gegeben werden, den Sachmangel zu beseitigen. Denkbar wären dabei u.a. Softwareupdates für besseres Batteriemanagement oder die Nachrüstung besserer Batterien. Erst wenn die Nachbesserung zwei Mal gescheitert ist (oder der Verkäufer keine anbietet) kann man die anderen Optionen geltend machen.
  • Nachlieferung: Steht inzwischen ein moderneres Nachfolgemodell zur Verfügung, das die ursprünglich versprochenen Werte tatsächlich einhält, kann man einen solchen Neuwagen fordern – und das ohne Aufpreis gegen Rückgabe des alten E-Autos.
  • Rückabwicklung: Der Kunde kann sein mangelhaftes Elektrofahrzeug an den Verkäufer zurückgeben und erhält dafür eine Erstattung des Kaufpreises. Von der Erstattung wird allerdings eine Nutzungsentschädigung abgezogen, die aber meist niedriger ausfallen dürfte als der Wertverlust.
  • Kaufpreisminderung: Eine verringerte Reichweite bzw. ein erhöhter Verbrauch führt auch dazu, dass das E-Auto weniger wert ist. Will man das Elektrofahrzeug behalten, kann man daher eine nachträgliche Kaufpreisminderung verlangen, die diesem Wertverlust entspricht.

Die Rückabwicklung (und analog wohl auch die Nachlieferung) kann man jedoch nicht in jedem Fall geltend machen. Voraussetzung dafür ist, dass es sich um einen „erheblichen“ Mangel handelt. Der Bundesgerichtshof sah das bei Verbrennern ab einem Mehrverbrauch von 10 % als gegeben an (Urteil vom 8.5.2007, VIII ZR 19/05).

Ansprüche nach der Gewährleistung

Hat der Hersteller bei der Zulassung des Elektroautos betrogen, kann man von ihm Schadensersatz wegen sittenwidriger Schädigung verlangen – analog zum Dieselskandal. Auch in diesem Fall kann man eine Rückabwicklung des Kaufs (unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung) verlangen oder pauschalen Schadensersatz fordern und dabei sein Auto behalten. In diesem Fall gilt eine Verjährungsfrist von 10 Jahren ab dem Datum des Kaufs.

Inwieweit der Hersteller auch für später durchgeführte Software-Updates (bzw. ihre Folgen) haftet, ist noch nicht abschließend geklärt.

Sowohl während als auch nach der Gewährleistungsfrist kann auch eine Garantie des Herstellers greifen. Die Garantien gehen dabei teilweise über die gesetzlichen Ansprüche hinaus. Andererseits legen die Anbieter selbst fest, unter welchen Bedingungen ihre Garantie gilt. Wichtig ist dabei: Garantien gelten immer nur zusätzlich zu gesetzlichen Ansprüchen. Wer also einen gesetzlichen Anspruch – z.B. auf Gewährleistung – hat, der braucht sich nicht mit Hinweis auf die Garantie-AGBs abwimmeln lassen.

Autokredit-Widerruf bei Elektroautos

Auch E-Autos werden oft über Leasing oder einen Autokredit finanziert. Schließt man alle Verträge auf einmal beim Autohändler ab, handelt es sich dabei um ein sogenanntes „verbundenes Geschäft“. Das bedeutet: Wird einer der Verträge widerrufen, gilt das auch für die anderen Verträge. Ein solches Widerrufsrecht gibt es beispielsweise im Fernabsatz (falls Sie Ihr Elektroauto im Internet gekauft haben) oder bei Leasing- und Kreditverträgen.

Teilweise haben die Autobanken bei ihren Verträgen aber folgenschwere Formfehler gemacht. Diese führen dazu, dass die Widerrufsfrist nie zu laufen beginnt und man so auch nach Jahren sein Elektroauto noch zurückgeben kann. Dieser Autokredit-Widerruf ist unabhängig davon, ob die Reichweite zu gering ist oder nicht. Auch in diesem Fall kommt es zu einer Rückabwicklung des Vertrags. In vielen Fällen dürfte dabei nicht einmal eine Nutzungsentschädigung anfallen.

Autor

Robert hat als Diplomkaufmann und Wirtschaftsingenieur nicht nur die besten Voraussetzungen dafür, den reibungslosen Ablauf der Webseite sicherzustellen, sondern auch den perfekten Background, um vor allem komplexe Wirtschafts-Themen nutzerfreundlich und nachvollziehbar aufzubereiten. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Abgasskandal, Geldanlage, Kreditrecht, Flugrecht und Versicherung. Nach seinem Ausscheiden bei RECHTECHECK wechselte Robert zur Nürnberger Werbeagentur BESONDERS SEIN.

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