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Fahrerflucht: Strafen für unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

8. September 2017

Was ist unerlaubtes Entfernen vom Unfallort?

Eigentlich heißt es nicht Fahrerflucht oder Unfallflucht, sondern „unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“. Was Fahrerflucht ist und welche Strafen es dafür gibt, in § 142 StGB geregelt. Die Bestrafung der Unfallflucht soll verhindern, dass sich Unfallbeteiligte vom Unfallort entfernen ohne dass vorher ihre Personalien festgestellt wurden. Die Strafandrohung für Fahrerflucht dient dadurch dem Schutz der Opfer von Verkehrsunfällen: Ohne die Feststellung der Personalien aller Beteiligten wäre es für sie nämlich schwer, Schadensersatzansprüche durchzusetzen.

Wenn Ihnen eine Fahrerflucht vorgeworfen wird, können Sie hier eine kostenlose Ersteinschätzung von einem Anwalt bekommen. Ein fachkundiger Anwalt kann oft dabei helfen, eine Strafe wegen Fahrerflucht zu vermeiden. Im Folgenden erklären wir:

Wer an einem Unfall beteiligt ist, muss am Unfallort bleiben und Angaben zu seiner Person, seinem Fahrzeug und zur Art seiner Beteiligung machen – sofern es „anwesende feststellungsbereite Personen“ gibt. Dabei besteht aber keine Pflicht zur Selbstbezichtigung.
Findet sich keine solche feststellungsbereite Person, muss der Unfallbeteiligte eine angemessene Frist warten . Die Frist entfällt, wenn das Entfernen berechtigt oder entschuldigt ist, der Unfallbeteiligte also einen Rechtfertigungsgrund hatte. Bloßer Termindruck reicht dafür aber nicht aus. Beispiele für solche Rechtfertigungsgründe sind:

  • Hilfeleistung, beispielsweise wenn Verletzte ins Krankenhaus gebracht werden.
  • Absichern der Unfallstelle.
  • notwendige medizinische Versorgung.
  • Gefahren am Unfallort.

Auch wenn ein Rechtfertigungsgrund für das Entfernen vom Unfallort vorliegt, kann es sich trotzdem noch um Fahrerflucht handeln. Dasselbe gilt, wenn der Beteiligte vergeblich gewartet hat. In diesen Fällen muss er sich nämlich unverzüglich beim Betroffenen (Geschädigten) oder bei der Polizei melden. Dabei muss der Beteiligte auch angeben, wo er und sein Fahrzeug aktuell sind.

Welche Strafen kann es bei Unfallflucht geben?

Nach § 142 StGB drohen bei Fahrerflucht bis zu 3 Jahre Haft oder eine Geldstrafe. Dazu können weitere Strafen kommen:

  • Entziehung der Fahrerlaubnis für mindestens 6 Monate
  • 2-3 Punkte in Flensburg
  • verlängerte Probezeit oder ein Aufbauseminar
  • Einziehen des Fluchtfahrzeugs

Gibt es Verletzte, kann man außerdem ggf. wegen unterlassener Hilfeleistung belangt werden.

Fahrerflucht ist ein sogenanntes Offizialdelikt: Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort wird also von Amts wegen verfolgt und nicht nur auf Antrag. Auch der Versuch, die Anstiftung oder die Beihilfe sind strafbar. Als Beihilfe gilt z.B. auch, wenn man zum Schutz eines Anderen behauptet, selbst gefahren zu sein. Unfallflucht verjährt nach 5 Jahren.

In vielen Fällen erleiden Unfallbeteiligte selbst einen Schock oder können wegen einer Kopfverletzung nicht mehr klar denken. Dann kann es sein, dass sie trotz einer Fahrerflucht aufgrund von Schuldunfähigkeit straffrei ausgehen. Vorsicht: Auch wenn der Unfallbeteiligte schuldunfähig war, können Beihilfe oder Anstiftung zur Fahrerflucht dennoch bestraft werden.

Zivilrechtlich muss die Haftpflichtversicherung zwar auch nach einer Fahrerflucht voll an den Geschädigten leisten, sie kann davon aber bis zu 5.000 € vom Fahrer zurückfordern. Außerdem kann man seinen Kaskoschutz verlieren, weil man gegen die Vertragspflichten verstoßen hat.

Übrigens: Bei der ARAG * gibt es einen Verkehrs-Rechtsschutz, der auch noch zahlt, wenn der Schadensfall bereits eingetreten ist.

Tätige Reue: Strafe nach der Fahrerflucht vermeiden

Nach einer Fahrerflucht kann man auf Strafminderung oder sogar Straffreiheit hoffen, wenn man „tätige Reue“ zeigt. Das bedeutet, dass man sich nachträglich stellt. Die Regelung gilt aber v.a. für das Strafrecht, also die angedrohte Freiheitsstrafe. 2 Punkte in Flensburg, Führerscheinentzug und/oder verlängerte Probezeit kann es z.B. trotzdem geben. Voraussetzung für die Strafminderung oder Straffreiheit nach einer Unfallflucht ist, dass

  • man sich innerhalb von 24 Stunden nach dem Unfall meldet.
  • der Unfall nicht im fließenden Verkehr passiert ist. (Parkrempler zählen z.B. nicht zum fließenden Verkehr.)
  • man nicht bereits als Beteiligter ermittelt wurde.
  • der Sachschaden nicht bedeutend war (ca. über 1.300 €).

Hilfestellung bekommt man dabei beispielsweise von einem Anwalt für Strafrecht.

Wer kann Fahrerflucht begehen und in welchen Situationen?

Grundsätzlich kann man eine Fahrerflucht nur begehen (und deshalb eine Strafe bekommen), wenn man am Unfall beteiligt war (siehe unten). Außerdem kann man eine Unfallflucht nur bewusst begehen, nicht fahrlässig. Voraussetzung ist daher, dass man den Unfall und die eigene Beteiligung auch bemerkt hat.

Darüber hinaus muss sich der Unfall im „Straßenverkehr“ ereignen, wobei der Begriff weiter gefasst ist als er klingt. Tatsächlich betrifft es den gesamten Verkehrsraum, der einem „unbestimmten Personenkreis“ offensteht. Das schließt u.a. private Straßen, Radwege, Fußwege, Parkplätze, Parkhäuser und Tankstellen ein und auch ruhender Verkehr ist betroffen. Nicht eingeschlossen sind der Bahn- oder Luftverkehr sowie nicht öffentlich zugängliche Grundstücke. Gleichzeitig ist auch der Begriff „Fahrerflucht“ irreführend: Nicht nur Autofahrer, sondern z.B. auch Fahrradfahrer, Fußgänger oder Reiter können an einem Unfall beteiligt sein und dürfen sich dann nicht unerlaubt von der Unfallstelle entfernen.

Eine Unfallflucht kann außerdem nur dann begangen werden, wenn es einen Verkehrsunfall gab. Das setzt unter anderem voraus, dass es sich um den Eintritt eines „verkehrstypischen Risikos“ handelt. Umstritten ist dabei z.B. ob ein wegrollender Einkaufswagen dem Verkehr zuzuordnen ist. Außerdem schließt dies vorsätzlich herbeigeführte Schäden aus, da dies sonst einem Zwang zur Selbstbezichtigung gleichkäme. Beispielsweise wird bei Vandalismus oder Mord niemand erwarten, dass der Täter am Tatort bleibt – selbst wenn er ein Auto eingesetzt hat. Allerdings drohen dann ohnehin andere Strafen.

Fahrerflucht wird außerdem nur bestraft, wenn es zu einem nicht unerheblichen Personen- oder Sachschaden gekommen ist. Der Maßstab dafür, was „nicht unerheblich“ ist, ergibt sich aus dem Zweck der Strafandrohung: Wenn es dem Geschädigten damit ermöglicht werden soll, seine Ansprüche vor Gericht durchzusetzen, dann macht die Strafbarkeit nur in den Fällen Sinn, in denen auch eine Klage zu erwarten ist. Bei blauen Flecken oder leichten Hautabschürfungen wird aber kaum jemand klagen. Bei finanziellen Schäden ist die Rechtsprechung uneinheitlich. Verschiedene Gerichte sehen die Grenze beispielsweise bei einem Schaden von 25, 50 oder 150 €.

Analog dazu muss es neben dem Beteiligten auch noch einen Geschädigten geben, dessen Rechte geschützt werden sollen. Ist nur der Geschädigte am Unfall beteiligt, so kann dieser sich also selbst von der Unfallstelle entfernen ohne eine Fahrerflucht zu begehen. Auch bei einem Wildunfall gibt es keinen Geschädigten und damit keine Unfallflucht. Hier kann es aber aus anderen Gründen Probleme geben. Beispielsweise ist es Tierquälerei, ein verletztes Tier liegen zu lassen. Außerdem kann man den Schutz seiner Kaskoversicherung verlieren, wenn man den Wildunfall nicht meldet.

Ist es auch Unfallflucht, wenn ich gar nicht schuld war?

Wie gesagt betrifft das Verbot, sich unerlaubt von der Unfallstelle zu entfernen, alle Unfallbeteiligten. Nach § 142 Abs. 5 StGB gilt dabei für die Fahrerflucht:

„Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.“

Es reicht also für die Unfallflucht schon aus, wenn der (begründete) Verdacht besteht, dass man zur Verursachung beigetragen hat. Damit kann man eine Fahrerflucht auch begehen, wenn man nicht die (rechtliche) Schuld an dem Unfall trägt. Auch ein Verstoß gegen die Verkehrsregeln ist keine Voraussetzung für eine Fahrerflucht. Dazu ein Beispiel:

Ein Fußgänger überquert die Straße an einem Zebrastreifen. Ein Autofahrer schreibt gerade eine Textnachricht, sieht den Fußgänger daher erst im letzten Moment und rammt beim Ausweichen ein geparktes Auto. Der Fußgänger hat sich zwar nichts vorzuwerfen, ist aber trotzdem am Unfall beteiligt, da dieser ohne ihn nicht passiert wäre.

Die Definition ist bewusst sehr weit gefasst, damit ein Geschädigter möglichst sicher seine Ansprüche durchsetzen kann. Die Schuldfrage wird dagegen erst in einem Gerichtsprozess geklärt.

Nicht beteiligt sind dagegen bloße Passagiere von beteiligten Fahrzeugen. Das gilt zumindest dann, wenn sie nicht zur Verursachung beigetragen haben, z.B. durch Ablenkung des Fahrers. Ein Omnibusinsasse kann sich also i.d.R. vom Unfallort entfernen ohne eine Strafe zu riskieren.

Fahrerflucht: Wie lange muss ich an der Unfallstelle bleiben?

Findet sich am Unfallort niemand, der die Angaben des Beteiligten aufnimmt, muss dieser zunächst warten. Tut er das nicht, handelt es sich um eine Fahrerflucht. Das Problem dabei: Die Wartefrist mit der sich eine Strafe vermeiden lässt ist nicht gesetzlich geregelt. Was angemessen ist, hängt also von der Situation ab und kann zwischen 15 Minuten und 2 Stunden variieren.

Wichtige Einflussfaktoren sind dabei:

  • Höhe des Schadens: Je schwerer der Schaden ist, desto länger muss man warten. Besonders schwer wiegen Personenschäden.
  • Ob absehbar mit der Ankunft einer „feststellungsbereiten Person“ zu rechnen ist: Bei einem im Parkverbot stehenden Auto kann man die Rückkehr des Fahrers in wenigen Minuten erwarten, auf einem Flughafenparkplatz dagegen kann der Fahrer auch 2 Wochen im Urlaub sein.
  • Zumutbarkeit und Umstände: Teilweise kann dem Beteiligten das Warten auch nur begrenzt zugemutet werden, beispielsweise an einer gefährlichen Stelle, in der prallen Sonne, bei einem Gewitter oder wenn er sich um schutzbedürftige Personen (z.B. Kinder) kümmern muss.

Auch ein „Zettel an der Windschutzscheibe“ oder das Verständigen der Polizei kann die Wartefrist verkürzen, es kann sie aber nicht ersetzen.

Außerdem kann es oft Sinn machen, selbst aktiv zu werden. Beispielsweise kann man bei einem Parkrempler auf dem Supermarktparkplatz einen Passanten bitten, den Fahrer ausrufen zu lassen. Auf der sicheren Seite ist man auch meist, wenn man die Polizei anruft: Entweder es kommt eine Streife, die den Unfall vor Ort aufnimmt, oder man bekommt zumindest einen Hinweis, wie lange man warten sollte.

Wichtig ist dabei: Auch wenn eine angemessene Wartezeit verstrichen ist, muss man unverzüglich den Betroffenen oder die Polizei verständigen – ansonsten begeht man eine Fahrerflucht und riskiert eine Strafe.

Tipps:

  • Rufen Sie im Zweifelsfall die Polizei.
  • Ein „Zettel an der Windschutzscheibe“ genügt nicht.
  • Sind sie selbst Opfer eines Unfalls mit Fahrerflucht, hilft unter Umständen die Verkehrsopferhilfe.

Checklist:

  1. Bleiben Sie an der Unfallstelle und machen Sie Angaben zu Ihrer Person und zu Ihrer Beteiligung.
  2. Ist niemand da, der Ihre Angaben aufnimmt, warten Sie.
  3. Während Sie warten, können Sie schon mal einen Anwalt für Verkehrsrecht suchen.
  4. Haben Sie eine angemessene Zeit gewartet, kontaktieren Sie die Polizei.

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FAQ zur Fahrerflucht

Welche Strafe droht bei Fahrerflucht?

Die Höchststrafe für Fahrerflucht ist bis zu 3 Jahre Gefängnis. Weitere Strafen sind möglich.

Wie lange muss ich an der Unfallstelle warten?

Das kommt auf die Situation an.

Kann ich einer Strafe noch entgehen?

Unter bestimmten Umständen kann durch „Tätige Reue“ eine Strafe verhindert werden.

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