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Wenn die Airline pleitegeht oder Strecken streicht

19. Januar 2017

Streckenstreichungen und Pleiten von Fluggesellschaften

Flugausfälle sind – noch mehr als Flugverspätungen – ein Ärgernis. Das gilt besonders, wenn eine Vielzahl von Passagieren betroffen ist – beispielsweise, weil ganze Strecken eingestellt werden oder eine Fluggesellschaft pleitegeht. Gerade bei Airline-Pleiten stranden regelmäßig Passagiere an ihrem Urlaubsort oder an Drehkreuzen, an denen sie eigentlich nur umsteigen wollten.

Bekannte Beispiele für Fluggesellschaften, die in den letzten Jahren nach einer Insolvenz den Flugbetrieb eingestellt haben, sind Malév aus Ungarn (2012), Spanair (2012) und Transaero aus Russland (2015). Auch American Airlines waren schon einmal insolvent, der Flugbetrieb konnte aber aufrechterhalten werden. Selbst die Swissair musste vor der Gründung der heutigen Fluggesellschaft Swiss zeitweise am Boden bleiben.

Auch die Umwälzungen auf dem deutschen Luftverkehrsmarkt lassen befürchten, dass künftig Fluggesellschaften in die Insolvenz fliegen oder Strecken eingestellt werden. Damit ist nicht sicher, ob ein heute gebuchter – und in der Regel im Voraus bezahlter – Flug in einem halben Jahr auch tatsächlich stattfindet. Wir erklären die wichtigsten Konsequenzen, die eine Airline-Pleite oder ein Flugausfall für Passagiere haben.

Kurzfristige Flugausfälle: Entschädigung

Kurzfristige Stornierungen oder Flugzeitenänderungen führen für Sie als Passagier zur gleichen Entschädigung, wie eine Flugverspätung. Hier haben Sie dann Ansprüche über bis zu 600 Euro pro Person – unabhängig davon, wieviel der Flug gekostet hat.

Langfristige Streichungen von Flugverbindungen: Rückerstattung oder Ersatzbeförderung

Wird der Flug mehr als 14 Tage vor Abflug gestrichen, entfällt der Anspruch auf Entschädigung. Passagiere haben aber nach der EU Fluggastrechteverordnung Anspruch auf eine vollständige Rückerstattung des Ticketpreises innerhalb von sieben Tagen. Stornogebühren dürfen dabei nicht anfallen.

Auch hier können die Passagiere alternativ eine „anderweitige(…) Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt“ verlangen. Die Wahl liegt also beim Passagier, nicht bei der Airline. Wird die Ersatzbeförderung verweigert, kann der Passagier selbst einen angemessenen Flug buchen und der Fluggesellschaft die gegebenenfalls entstehenden Mehrkosten in Rechnung stellen. Flüge gibt es z.B. bei Opodo *, Flüge, Bahn und Bus bei GoEuro *.

Dabei ist es egal, ob ein einzelner Flug gestrichen wurde oder die Fluggesellschaft eine bestimmte Verbindung ganz einstellt. Ersteres ist gelegentlich der Fall, wenn der Flug nicht ausreichend ausgebucht war. Letzteres passiert beispielsweise, wenn sich eine Strecke längerfristig nicht für die Fluggesellschaft lohnt. Ebenso, wenn sie versucht, sich durch die Stilllegung von Flugzeugen „gesundzuschrumpfen“ oder die Flieger an eine andere Fluggesellschaft abgibt – wie dies im Fall von Airberlin versucht wurde.

Wenn die Fluggesellschaft pleitegeht

Stellt die Fluggesellschaft im Rahmen einer Insolvenz den Flugbetrieb ein, haben die Passagiere das Nachsehen – außer bei einer Pauschalreise. Meist können sie, abgesehen vom Ticketpreis, keine weiteren Ansprüche gegen die Fluggesellschaft geltend machen. Und vom im Voraus bezahlten Preis bekommen sie normalerweise lediglich die Insolvenzquote, also in der Regel nur wenige Prozent.

In manchen Fällen gelingt es allerdings, den Flugbetrieb auch in der Insolvenz weiter aufrechtzuerhalten, die Tickets behalten dann oft ihre Gültigkeit.

Zeichnet sich ab, dass die gebuchte Fluggesellschaft pleite gehen könnte, kann es daher Sinn machen, den Flug zu stornieren und bei einer anderen Fluggesellschaft zu buchen, z.B. über Opodo *. Dann kann man darauf hoffen, dass der Ticketpreis noch erstattet wird bevor die Airline Insolvenz anmeldet.

Alle Forderungen – also auch der Anspruch auf Rückzahlung des Ticketpreises – müssen im Rahmen des Insolvenzverfahrens beim Insolvenzverwalter angemeldet werden. Die Rückzahlung kann sich dabei länger hinziehen. Ist die Airline bereits insolvent, muss man sich daher gut überlegen, ob man sein Ticket storniert. Solange die Airline noch fliegt, hat man nämlich die Chance, dass man auch befördert wird. Nach einer Stornierung bekommt man aber voraussichtlich nur die Insolvenzquote.

Übrigens erhalten auch andere Gläubiger, die keine vorrangigen Sicherheiten haben, nur die Insolvenzquote. Betroffen sind damit auch Passagiere, die von der Fluggesellschaft für eine Verspätung oder einen Flugausfall auf einem früheren Flug eine Ausgleichszahlung erwarten. Solche Entschädigungsforderungen sollten daher möglichst schnell geltend gemacht werden, auch wenn sie nach deutschem Recht erst nach drei Jahren zum Jahresende verjähren.

Kann man bei einer insolventen Fluggesellschaft noch buchen?

Im Prinzip kann man auch bei einer Fluggesellschaft, die bereits Insolvenz angemeldet hat, noch einen Flug buchen. Das gilt zumindest dann, wenn die Airline den Flugbetrieb vorerst aufrechterhält, wie bei der Pleite von Airberlin. In diesem Fall ist die rechtliche Position zumindest besser als bei einer Buchung vor der Insolvenzanmeldung, da die eigenen Forderungen Vorrang vor den „alten“ Gläubiger haben. Ob es klug ist, bei einer Fluggesellschaft zu buchen, deren Zukunft ungewiss ist, ist aber eine andere Frage.

Ähnliches gilt übrigens für die Entschädigung bei Flugverspätung und Flugausfall: Auch hier stellen Ansprüche, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, eine sogenannte „Masseforderung“ dar, die Vorrang von Altgläubigern hat. Zumindest bei Verspätungen kommt es nicht einmal darauf an, wann der Flug gebucht wurde, solange die Verspätung nach der Insolvenzanmeldung eingetreten ist.

Sonderfall Pauschalreise

Bei einer Pauschalreise sind die Passagiere wesentlich besser vor einer Pleite der Fluggesellschaft geschützt als bei Direktbuchung des Fluges. Das hat zwei Gründe:

Zum einen ist der Vertragspartner des Reisenden nicht die Fluggesellschaft, sondern der Reiseveranstalter. Streicht die Airline einen Flug oder geht pleite, dann muss der Veranstalter eine andere Transportmöglichkeit finden. Im Extremfall kann der Veranstalter die Reise allerdings auch absagen. Fällt der Urlaub aus, hat der Kunde einen Anspruch auf Rückerstattung und gegebenenfalls Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreuden – oder auf eine gleichwertige Reise ohne Mehrpreis.

Zum anderen müssen die Veranstalter von Pauschalreisen ihren Kunden bereits vor der ersten Anzahlung einen Sicherungsschein übergeben. Dieser ist der Nachweis dafür, dass für die Reise eine Versicherung abgeschlossen wurde. Diese schützt die Passagiere, wenn der Veranstalter insolvent werden sollte. Im Fall der Fälle muss die Versicherung dafür sorgen, dass die Reisen wie geplant stattfinden oder die Kunden ihr Geld zurückerhalten.

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