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Mercedes OM 651-Motor: Diesel-Rückrufe, betroffene Fahrzeuge, Schadensersatz

7. Juli 2021

Der OM 651-Motor der Daimler AG ist ein Diesel-Motor mit 4 Zylindern, der seit 2008 in vielen Modellen von Mercedes-Benz verbaut wird. Es gibt Varianten mit 1,8 und 2,1 Litern Hubraum. Problematisch für Daimler ist, dass im OM651 mehrere illegale Abschalteinrichtungen eingesetzt wurden, die zu Rückrufen durch das KBA geführt haben. Viele Käufer der betroffenen Fahrzeuge können daher Schadensersatz fordern.

Illegale Abschalteinrichtungen beim OM 651-Motor

Der OM 651-Motor von Mercedes setzt zur Abgasreinigung sowohl auf Abgasrückführung als auch auf einen SCR-Kat, bei dem AdBlue (Harnstofflösung) zur Regeneration eingesetzt wird. Vor den Rückrufen war die Abgasreinigung wohl nur auf dem Prüfstand dauerhaft aktiv. Dabei hat Mercedes offenbar gleich mehrere Abschalteinrichtungen eingesetzt. Unterschiede zwischen Prüfstand und Fahrbetrieb ergaben sich offenbar insbesondere bei:

  • Abgasrückführungsrate: Auf dem Prüfstand wird mit einer erhöhten Abgasrückführungsrate gearbeitet, auf der Straße dagegen hauptsächlich Frischluft verwendet. Mehr Frischluft bedeutet mehr Sauerstoff-Überschuss bei der Verbrennung und damit mehr Stickoxide.
  • AdBlue: Auf dem Prüfstand wird der SCR-Kat regelmäßig zum Regenerieren mit AdBlue versorgt, auf der Straße kaum oder gar nicht.
  • Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung: Auf dem Prüfstand wird das Kühlmittel auf einer Temperatur von maximal 70°C gehalten, während auf der Straße Temperaturen bis knapp unter 100°C zugelassen werden. Dadurch sinkt die Verbrennungstemperatur, wodurch weniger Stickoxide entstehen.

Zur Aktivierung bzw. Deaktivierung der Abgasreinigung wurden dabei ebenfalls mehrere Methoden eingesetzt, um die Prüfstands-Situation zu erkennen:

  • Wegstrecke („Bit15“): Bei Tests auf NEFZ-Basis fahren die Autos 26 Kilometer weit. Spätestens nach 26 km Fahrtstrecke wird daher die Abgasreinigung reduziert.
  • Zykluserkennung („Slipguard“): Der OM 651-Motor kann offenbar die charakteristischen Fahrkurven der gängigen Prüfzyklen erkennen, beispielsweise anhand der geringen Beschleunigung.
  • Thermofenster“: Ähnlich wie beim EA 288 von VW soll auch beim OM651 die Abgasreinigung nur in einem engen Temperaturbereich richtig funktionieren. Schließlich müssen Abgastests bei bestimmten Temperaturen durchgeführt werden.

Rückrufe bei Fahrzeugen mit OM651-Motor

Obwohl sich Daimler mit allen Mitteln dagegen wehrt, setzte das KBA mehrere verpflichtende Rückrufe für Fahrzeuge mit OM 651-Motor durch. Da es sich um verpflichtende Rückrufe handelt, droht die Stilllegung des Fahrzeugs, wenn man dem Rückruf nicht folgt. Bei den Rückrufen wird die Motorsteuerungs-Software des OM 651-Motors aktualisiert und dabei werden die Abschalteinrichtungen deaktiviert.

Dabei stellt sich die Frage: Warum wurden die Fahrzeuge mit OM 651-Motor überhaupt mit illegalen Abschalteinrichtungen ausgeliefert, wenn man sie einfach deaktivieren kann? Die Antwort lautet wahrscheinlich: Durch das Software-Update haben die betroffenen Mercedes-Besitzer Nachteile wie höheren Verbrauch, weniger Leistung, unrunder Lauf und häufigere Defekte am AGR-System. (Immerhin wurde die Abgasrückführung vor dem Rückruf kaum eingesetzt …)

Die Rückrufe haben von Daimler die Codes VITM651, VITM651R, VS2M651R, VITN51A, VITN51AR, VS2M651KI, NC3M651R, 5496127, 5499636, 5499303, 5498917, 5497507, 5496143, 5496121 und 5496128 bekommen.

Mercedes-Fahrzeuge mit OM 651-Motor

Der Motor OM 651 wurde und wird von Mercedes seit 2008 in sehr vielen Modellen eingesetzt. Vom Abgasskandal betroffen sind daher unter anderem folgende Fahrzeuge mit OM 651-Motor:

Auf Basis der Transporter und Großraumlimousinen mit OM 651-Motor wurden auch einige Wohnmobile gebaut. Diese Fahrzeuge sind dadurch ebenfalls vom Abgasskandal betroffen.

Da neben dem OM 651 auch andere Motoren von Mercedes-Benz vom Abgasskandal betroffen sind, empfiehlt es sich, seine Ansprüche von Spezialisten prüfen zu lassen. Bei Rechtecheck ist das kostenlos und unverbindlich möglich.

Schadensersatz bei Fahrzeugen mit OM 651-Motor

Der BGH hat in mehreren Urteilen klargestellt: Wer von einem Autohersteller mit einem Mogel-Diesel betrogen wurde, hat Anspruch auf Schadensersatz. Dabei gibt es drei Voraussetzungen:

  • Das Fahrzeug verfügt über (mindesten) eine illegale Abschalteinrichtung. Angesichts der Zwangsrückrufe durch das KBA dürfte das für den OM 651-Motor gesichert sein – auch wenn Mercedes das weiter abstreitet.
  • Der Hersteller war sich bewusst, dass er etwas illegales tut. Das ist nicht ganz so einfach zu belegen. Aufgrund der teilweise sehr spezifischen Auslegung der Abschalteinrichtungen auf den Prüfstand und ihre schiere Anzahl dürfte aber auch das nicht allzu schwierig zu belegen sein.
  • Der Käufer wusste bei Abschluss des Vertrags nichts von dem Betrug. Da Mercedes – im Gegensatz zu VW beim EA 189-Motor – aber nie öffentlich einen Betrug eingeräumt hat, dürfte das kein Problem sein.

Die Entschädigung erfolgt im Abgasskandal meist über eine Rückabwicklung des Kaufvertrags. Dabei gibt man das vom Abgasskandal betroffene Fahrzeug zurück und erhält dafür eine Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung.

In den meisten Fällen dürften beim OM 651-Motor die Ansprüche aus dem Abgasskandal noch nicht verjährt sein. Die reguläre Verjährung von 3 Jahren zum Jahresende beginnt erst mit der Kenntnis des Betrugs und damit im Fall von Mercedes wohl erst mit der Zustellung des Rückruf-Bescheids. Allerdings verjähren die Ansprüche spätestens 10 Jahre nach dem Kauf.

Für bestimmte Varianten von GLC und GLK mit OM 651-Motor hat der Verbraucherzentrale Bundesverband im Juli 2021 eine Musterfeststellungsklage gegen Mercedes eingereicht.

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