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Urteil OLG Köln: Illegale Abschalteinrichtung beim EA 288

Neues OLG-Urteil zeigt: Auch beim EA 288-Motor hat VW betrogen. Kunden können deshalb Schadensersatz fordern.

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Skoda Superb III: Der EA 288-Motor dieses Modells benutzt eine illegale Abschalteinrichtung.
16. März 2022

Zusammenfassung

  • Auch neuere VW-Diesel mit EA 288-Motor verwenden laut Urteil des OLG Köln illegale Abschalteinrichtungen.
  • Das sind Diesel-Motoren mit bis zu 2,0 l Hubraum, die bei VW, Audi, Skoda und Seat eingesetzt wurden.
  • Auch andere Motoren dürften betroffen sein.
  • Betrogene Kunden haben Anspruch auf Schadensersatz. 

Beim ursprünglichen Skandal-Motor EA 189 von VW ist die Rechtslage bis hin zu umfangreichen BGH-Urteilen inzwischen weitgehend geklärt. Um das Nachfolgemodell EA 288 wird dagegen weiterhin vor Gericht gestritten. Jetzt hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Köln eindeutig auf die Seite der Kunden gestellt und verurteilte Volkswagen (als Motorhersteller) zur Rücknahme des Fahrzeugs. Der Kunde bekommt für seinen 2015 für 40.500 € gekauften Skoda Superb noch mehr als 12.400 € plus Zinsen zurück. (Urteil vom 10.03.2022, Az. 24 U 112/21)

Frühere Verfahren zum EA 288 waren teilweise daran gescheitert, dass der Bundesgerichtshof (BGH) die dort verwendeten „Thermofenster“ nicht als besonders verwerflich ansieht. Unter Verbraucherschützern gilt allerdings schon seit längerem als gesichert, dass Volkswagen beim EA 288 noch weitere illegale Abschalteinrichtungen eingesetzt hat. Eine solche Abschalteinrichtung wurde VW in dem Verfahren jetzt zum Verhängnis. Unbestritten verfügt der verwendete EA 288-Motor laut dem OLG-Urteil über eine Prüfstandserkennung. Diese erkennt die beim NEFZ-Prüfzyklus typischen Werte von Beschleunigung, Schaltverhalten etc.. Ebenso unbestritten ist, dass diese Prüfstandserkennung dafür sorgt, dass die Abgasrückführung während eines NEFZ-Prüfzyklus bis zum Ende aktiv bleibt, während sie im Straßenbetrieb abgeschaltet wird, sobald der SCR-Katalysator seine optimale Temperatur erreicht hat. Dies führt wiederum – auch unbestritten – dazu, dass die Abgaswerte im realen Betrieb höher ausfallen als auf dem Prüfstand. Im Gegensatz zum Kläger behauptet VW jedoch, dass das Fahrzeug trotz der erhöhten Abgaswerte auf der Straße die Grenzwerte noch einhalten würde, weil der Unterschied nur gering und die Werte im Prüfzyklus so niedrig seien.

Darauf kommt es laut dem OLG-Urteil aber gar nicht an. Die hier relevante Verordnung (EG) Nr. 715/2007 verbietet nämlich in Artikel 5 (2) allgemein die „Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern„. Die Einhaltung der Grenzwerte ist dabei kein Thema. Wäre die Verwendung einer Abschalteinrichtung, durch die die Abgaswerte auf dem Prüfstand niedriger ausfallen als auf der Straße, zulässig, würde das ansonsten den Sinn von Abgastests ad Absurdum führen. Die Messungen in den Prüfzyklen müssen den Behörden ein realistisches Bild von den Abgaswerten vermitteln. Die Verwendung der Abschalteinrichtung führt daher dazu, dass das Auto beim Kauf nicht zulassungsfähig war und der Kunde daher einen Schaden erlitten hat. Da VW hier bewusst betrogen hat, können die Kunden Schadensersatz verlangen. Das geschieht meist durch eine Rückabwicklung des Kaufs. Dabei gibt der Kunde sein Auto ab und erhält dafür den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung zurück.

Gut zu wissen: Die illegalen Abschalteinrichtungen wurden inzwischen auch beim EA 288-Motor i.d.R. entfernt. Bei neueren Fahrzeugen geschah das bereits ab Werk, bei älteren durch Software-Updates. Für den Anspruch auf Schadensersatz ist es egal, ob der Kunde dem Rückruf bereits gefolgt ist oder nicht. Nur wenn die illegale Abschalteinrichtung dem Kunden bereits beim Kauf bekannt war oder der Hersteller sie zum Kaufzeitpunkt bereits entfernt hatte, gibt es keinen Schadensersatz. Für die betroffenen Modelle dürften die Ansprüche meist noch nicht verjährt sein, da die Kunden bisher oft noch nicht einmal wissen, dass sie betrogen wurden. Zumindest bei Neuwagen kann man ohnehin bis zu 10 Jahre nach dem Kauf Restschadensersatz nach § 852 BGB fordern.

Das Urteil ist aktuell (Stand 16.3.2022) noch nicht rechtskräftig.

Autor

Robert hat als Diplomkaufmann und Wirtschaftsingenieur nicht nur die besten Voraussetzungen dafür, den reibungslosen Ablauf der Webseite sicherzustellen, sondern auch den perfekten Background, um vor allem komplexe Wirtschafts-Themen nutzerfreundlich und nachvollziehbar aufzubereiten. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Abgasskandal, Geldanlage, Kreditrecht, Flugrecht und Versicherung. Nach seinem Ausscheiden bei RECHTECHECK wechselte Robert zur Nürnberger Werbeagentur BESONDERS SEIN.

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