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OLG-Urteile: Diesel-Schadensersatz auch nach Verjährung

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10 U 339/20: OLG verurteilt VW nach Verjährung zum Schadensersatz
15. November 2021

Nach dem OLG Oldenburg (Az. 12 U 161/20) haben auch das OLG Stuttgart (10 U 339/20) und das OLG München (3 U2514/21) entschieden: Selbst nach dem Eintritt der Verjährung im Abgasskandal können betrogene Diesel-Käufer Schadensersatz bekommen. Direkt betroffen sind insbesondere Kunden von VW, die sich ihren Diesel mit EA 189-Motor als Neuwagen bestellt hatten. Das Urteil lässt sich aber auch auf Audi-Modelle mit großem Hubraum (ab 2,8 l) und andere Hersteller übertragen. Oft ist dort die Verjährung aber ohnehin noch gar nicht eingetreten.

Hintergrund zu den OLG-Urteilen

Nach einem BGH-Urteil von 2020 kann ein vom Abgasskandal betroffener Kunde Schadensersatz wegen „sittenwidriger Schädigung“ verlangen. Der BGH hat aber ebenso entschieden, dass die Ansprüche aus dem ursprünglichen VW-Abgasskandal normalerweise seit Ende 2018 verjährt sind.

Der Besitzer eines VW Polo hat aber erst 2020 Klage gegen VW eingereicht. Das Landgericht Ellwangen sprach ihm dennoch Schadensersatz zu (Az. 2 O 177/20). Daraufhin legte Volkswagen Berufung beim OLG Stuttgart ein.

Bei dem Prozess in München ging es um einen VW Tiguan, bei dem ebenfalls erst 2020 Klage eingereicht wurde.

Restschadensersatz nach § 852 BGB

Das OLG Stuttgart lehnte die Berufung im Wesentlichen ab. Der Kläger kann seinen 2012 für 20.500 € gekauften Polo für knapp 15.000 € (plus Zinsen, plus vorgerichtliche Anwaltskosten) an VW zurückgeben. Auch der Kläger im Münchner Verfahren erhält knapp 15.000 € plus Zinsen für seinen Tiguan.

Der Grund dafür ist § 852 BGB. Danach muss ein Schädiger auch nach dem Eintritt der Verjährung das herausgeben, was er auf Kosten des Geschädigten erlangt hat. Dies stellt allerdings nur eine Obergrenze dar. Der ursprüngliche Schadensersatzanspruch kann dadurch nicht überschritten werden. Die Oberlandesgerichte legten nun fest: Das, was VW „erlangt“ hat, ist der volle, vom Händler an den Hersteller gezahlte Kaufpreis. (Also der Endkunden-Preis abzüglich der Händlermarge.) VW darf davon weder interne Kosten noch die Kosten für Materialien und Bauteile abziehen, weil es als „bösgläubiger Erwerb“ gilt.

Das OLG-Urteil in Stuttgart geht von einer Händlermarge von 15 % aus. Damit dürfte diese Obergrenze so gut wie nie erreicht werden. Für Neuwagen-Käufer von VW-Modellen bedeutet das: Sie können bis zu 10 Jahre nach dem Kauf Schadensersatz in voller Höhe verlangen.

Quelle: Urteil des OLG Stuttgart (Az. 10 U 339/20) (nicht rechtskräftig, Stand 22.3.2021)

Autor

Robert hat als Diplomkaufmann und Wirtschaftsingenieur nicht nur die besten Voraussetzungen dafür, den reibungslosen Ablauf der Webseite sicherzustellen, sondern auch den perfekten Background, um vor allem komplexe Wirtschafts-Themen nutzerfreundlich und nachvollziehbar aufzubereiten. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Abgasskandal, Geldanlage, Kreditrecht, Flugrecht und Versicherung. Nach seinem Ausscheiden bei RECHTECHECK wechselte Robert zur Nürnberger Werbeagentur BESONDERS SEIN.

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