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Was passiert, wenn meine Lebensversicherung meinen Vertrag verkauft?

21. Februar 2020

In letzter Zeit häufen sich Berichte, dass Unternehmen wie Ergo, Generali oder AXA ihre Lebensversicherungs-Altverträge an Finanzinvestoren verkaufen . Wir erläutern hier, was sich für die Kunden ändert und wie sie sich gegen den Verkauf wehren können. Außerdem beleuchten wir die Hintergründe.

Ähnliche Effekte wie der Verkauf hat auch die Auslagerung der Lebensversicherungen in neue Tochtergesellschaften. Solche Pläne werden beispielsweise von britischen Lebensversicherungen verfolgt. Vor dem Hintergrund des Brexits verlagern voraussichtlich einige britische Versicherer ihre Lebensversicherungs-Verträge mit Bürgern aus anderen EU-Staaten in die verbleibende EU, insbesondere nach Irland. Teilweise fällt mit einem solchen Schritt die staatliche Absicherung für Altverträge weg.

Was ändert sich für mich, wenn meine Lebensversicherung verkauft wird?

Eigentlich dürfte sich für die Kunden erst einmal nichts ändern, schließlich muss sich der Aufkäufer genauso an die geschlossenen Verträge und die Gesetze halten wie der ursprüngliche Vertragspartner. Darüber wacht auch die BaFin, die z.B. einen Verkauf genehmigen muss. Soviel zur Theorie.

Tatsächlich sind auch schon früher Verkäufe von Lebensversicherungsunternehmen vorgekommen. So war die Ergo Lebensversicherung früher als Hamburg-Mannheimer bekannt. Der Unterschied ist aber, dass es sich bei den Aufkäufern nicht um andere „normale“ Versicherungen handelt, sondern um reine „Abwickler“. Diese machen kein Neugeschäft mehr mit Endkunden – und das auch nicht in anderen Sparten. Daher brauchen sie sich keine Sorgen über schlechten Kundenservice oder ihre Reputation machen.

Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Abwicklungsfirmen das von Ihnen erwirtschaftete Geld auch vorschriftsmäßig an den Kunden weitergeben. Klar ist, dass die variablen Überschussbeteiligungen, über die jedes Jahr neu entschieden werden kann, in Zukunft deutlich geringer ausfallen werden. Warum ist das so? Den Finanzinvestoren ist es schlicht und einfach egal, ob die Kunden einer anderen Firma gut über sie sprechen oder nicht. Man muss sich nicht mehr bemühen! Folge hieraus ist, dass die Überschussbeteiligungen in Zukunft wohl auf ein Mindestmaß schrumpfen werden oder – was beim aktuellen Zinsniveau ohnehin wahrscheinlich ist – komplett entfallen.

Die gute Nachricht: Zumindest gegen eine Insolvenz bleiben auch die verkauften Verträge über die Sicherungseinrichtung „Protector“ geschützt – was aber nicht bedeutet, dass die Rendite nicht negativ ausfallen kann.

Wie kann ich mich gegen den Verkauf meiner Lebensversicherung wehren?

Gegen den Verkauf der gesamten Lebensversicherungssparte kann ein einzelner Kunde kaum etwas ausrichten. Hier muss man auf die BaFin hoffen. Allerdings kann man auf den Verkauf reagieren. Die folgenden Möglichkeiten bieten sich nämlich unabhängig davon, ob die Lebensversicherung verkauft wird oder nicht:

  • Man kann in vielen Fällen den Vertrag für die Lebensversicherung widerrufen: Voraussetzung ist, dass man beim Abschluss der Lebensversicherung nicht korrekt auf das Widerrufsrecht hingewiesen wurde (und dass der Anbieter das auch nicht nachgeholt hat). Die Rückabwicklung ist vor allem bei Verträgen möglich, die zwischen 1994 und 2007 abgeschlossen wurden – teilweise aber auch bei neueren Verträgen. Die ausgezahlten Summen liegen im Schnitt etwa 20-35 % über dem Rückkaufswert, da alle Beiträge zuzüglich Zinsen erstattet werden müssen – ohne Abzug von Vertriebs- und Verwaltungskosten.
  • Man kann die Lebensversicherung verkaufen: Hier gilt: Gleiches Recht für alle! Wenn der Lebensversicherer den Vertrag verkaufen kann, kann der Kunde das auch. Diese Option empfiehlt sich insbesondere, wenn ein Widerruf nicht möglich ist. Die Auszahlung ist – zumindest bei guten Anbietern – ebenfalls höher als bei einer Kündigung.
  • Die Lebensversicherung kündigen: Dies ist meist die schlechteste Option, da hier nur der Rückkaufswert ausgezahlt wird und beispielsweise der Schlussüberschuss wegfällt. Oft bekommt man weniger als man einbezahlt hat.
  • Beitragsfrei stellen: Nicht jede Lebensversicherung lässt sich verkaufen oder widerrufen. Gerade geförderte Produkte wie die Riesterrente sollte man in der Regel weiterlaufen lassen. Um nicht „dem schlechten Geld noch gutes hinterherzuwerfen“, kann man den Versicherer aber auffordern, den Vertrag „beitragsfrei zu stellen“. Dann zahlt man zumindest nichts mehr ein. Teilweise ist es dann auch möglich, Versicherungen weiterzuführen, die zusammen mit der Kapitallebensversicherung angeboten wurden – z.B. eine Risikolebensversicherung oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung.

Hintergrund: Warum verkaufen Lebensversicherungen ihre Bestände?

Natürlich verkaufen die Lebensversicherer ihre Bestände nicht ohne Grund. Dieser sogenannte „Run off“ macht aus Sicht der Versicherer Sinn, da diese sich aufgrund der Niedrigzinspolitik schwertun, ihre ursprünglich zugesagten Zinsen in Höhe von bis zu 4 % weiter zu erwirtschaften. Darüber hinaus sind neue Kapitallebensversicherungen und Rentenversicherungen für die Kunden zuletzt immer unattraktiver geworden – nachdem sich der BDV ohnehin schon vor Jahren vor Gericht das Recht erstritten hatte, die Lebensversicherung als „legalen Betrug“ zu bezeichnen. Viele Versicherungs-Unternehmen bieten daher gar keine kapitalbildenden Lebensversicherungen mehr an. Die Altverträge laufen aber teilweise noch Jahrzehnte weiter. Daher wollen einige Versicherer ihre Lebensversicherungs-Sparten am liebsten loswerden.

So wollte der Ergo Konzern aus Düsseldorf, zu dem auch die Victoria Leben gehört, 6 Millionen Lebensversicherungen abstoßen. Wegen befürchteter Imageschäden liegt dieses Projekt aber auf Eis.

Die AXA arbeitet derweil fleißig daran, ihre Lebensversicherungen loszuwerden. Zunächst wurde der Bestand der Pro bAV Pensionskasse AG an die Frankfurt-Leben-Gruppe abgegeben. Anschließend wechselten insbesondere fondsgebundene Lebensversicherungen (u.a. TwinStar-Altverträge) von Axa Life Europe zu Cinven. Bestände von DBV Winterthur verkaufte die Axa an Mylife.

Dagegen hat die Generali Lebensversicherung Altverträge bereits komplett unter dem Namen Proxalto Lebensversicherung ausgegliedert und an die Viridium Gruppe aus Großbritannien verkauft. ARAG Leben, Delta-Lloyd Deutschland, Heidelberger Lebensversicherung, Skandia und Basler Leben haben den Verkauf ihrer Lebensversicherungs-Sparten bereits länger hinter sich – sie wurden an die Run-Off-Spezialisten Frankfurter Leben, Athene und Viridium verkauft.

Aufkäufer der Lebensversicherungs-Bestände sind so genannte Abwickler. Bei der vorangegangenen Bankenkrise nannte man dies „Bad Bank“, bei manchen dürfte es sich auch um „Heuschrecken“ handeln. Hinter den Finanzinvestoren stehen oft ausländische Beteiligungsgesellschaften. Der deutsche Marktführer Viridium, der derzeit schon 1 Million Versicherungsverträge mit rund 15 Milliarden Euro verwaltet, gehört zu 80 % der englischen Beteiligungsgesellschaft Cinven. Die Frankfurter Leben ist zu 75 % in den Händen von chinesischen Investoren. Ebenso mischen sich nun amerikanische Investoren in den Markt mit ein.

Der Bund der Versicherten (BDV) spricht von einem Erdbeben in der deutschen Lebensversicherung. Die großen Konzerne stehlen sich aus der Verantwortung und versilbern des Deutschen liebstes Anlageprodukt an Firmen, die hauptsächlich von ausländische Finanzinvestoren geführt werden. Sollte dies die Verbraucher verunsichern? Wir meinen: Ja.

Auch die Ergo-Lebensversicherung plant den Verkauf ihrer Verträge an einen Abwickler.
Die Ergo gehört zu den Unternehmen, die den Verkauf ihrer Lebensversicherungssparten geprüft haben.

FAQ: Verkauf von Altverträgen bei Lebensversicherungen?

Kann meine Lebensversicherung meinen Vertrag einfach verkaufen?
Im Prinzip ja. Genau gesagt wird meist die gesamte Tochtergesellschaft verkauft. Allerdings müssen die Aufsichtsbehörden zustimmen.

Wie kann ich mich gegen den Verkauf meiner Lebensversicherung wehren?
Sie können z.B. selbst Ihre Lebensversicherung verkaufen oder in vielen Fällen die Lebensversicherung widerrufen.

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