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Kaskandenverweis: Widerruf von Krediten vom EuGH abgesegnet

26. März 2020

Was ist ein Kaskadenverweis?

Grundsätzlich ist ein Kaskadenverweis ein Verweis auf einen Gesetzestext (z.B. einen Paragraphen), der wiederum auf (mehrere) andere Texte verweist. Das kann sich dann so fortsetzen, sodass ein einziger Verweis in einem Vertrag dazu führen kann, dass man sich eine ganze Kaskade an Gesetzestexten durchlesen muss. Teilweise wird auch von Kaskaden-Verweisung bzw. Kaskadenverweisung gesprochen.

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Für Verbraucher kann ein solcher Kaskadenverweis dazu führen, dass er seine in einem Vertrag festgelegten Rechte und Pflichten nicht versteht.

Warum ermöglicht ein Kaskadenverweis einen Kredit-Widerruf?

Bei dem Urteil des EuGH im März 2020 ging es genau um diese Verständlichkeit eines Kaskadenverweises bei den Widerrufsklauseln von Kreditverträgen. Seit Juni 2010 enthalten die meisten Verbraucherkredit-Verträge eine einheitliche Formulierung zum Beginn der Widerrufsfrist. Diese beginnt danach „erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB […] erhalten hat“. Das stellt einen Kaskadenverweis dar, da § 492 (2) BGB besagt, dass der Darlehensvertrag die „Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten“ muss. Damit müsste der Verbraucher insgesamt 9 Paragraphen durchlesen, um zu wissen, wann seine Widerrufsfrist beginnt.

Nach Ansicht des EuGH ist das nicht mir europäischen Verbraucherschutz-Standards vereinbar. Das Problem für die Banken: Damit hat die Widerrufsfrist für die Verbraucher nie begonnen und kann somit auch noch nicht abgelaufen sein. Für Verbraucher bedeutet der Kaskadenverweis damit ein Widerrufsrecht.

Welche Folgen hat der Kredit-Widerruf?

Kaskadenverweis bei Immobilienkrediten

Bei Baufinanzierungen wurde die Formulierung mit dem Kaskadenverweis zwischen Juni 2010 und März 2016 verwendet. Ein Kredit-Widerruf sollte also bei Darlehen aus dieser Zeit möglich sein. Ein erfolgreicher Widerruf hat zur Folge, dass für den Kredit innerhalb von 30 Tagen eine Rückabwicklung erfolgt:

  • Der Kreditnehmer muss seine Restschuld abzahlen.
  • Die Bank muss alle gezahlten Zinsen erstatten. Sie darf zuvor aber die zum jeweiligen Zeitpunkt üblichen Marktzinsen abziehen.
  • Der Kreditgeber muss für alle vom Kreditnehmer bisher geleisteten Zahlungen eine Nutzungsentschädigung zahlen. Diese liegt 5 Prozentpunkte über dem jeweils aktuellen Basiszinssatz.
  • Es fällt keine Vorfälligkeitsentschädigung an. Wurde sie bereits bezahlt, muss die Bank sie erstatten.

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Der Kredit-Widerruf aufgrund des Kaskadenverweises ist besonders lohnenswert für den Kreditnehmer, wenn die Zinsen seit Abschluss des Kreditvertrags gefallen sind. Zum einen sind dann die üblichen Marktzinsen, die die Bank geltend machen kann, geringer. Zum anderen kann der Kunde seinen Kredit dann i.d.R. günstiger refinanzieren.

Kaskadenverweis bei Autokrediten

Bei Autokrediten hat der unzulässige Kaskadenverweis noch einen weiteren Vorteil: Wurde der Kreditvertrag zusammen mit dem Autokauf abgeschlossen (also direkt über den Autohändler), handelt es sich um ein „verbundenes Geschäft“. Damit erstreckt sich das Widerrufsrecht nicht nur auf den Autokredit, sondern auch auf den Kauf. Die Folge davon ist, dass man auch gleich das Auto loswird. Besonders attraktiv kann das für vom Abgasskandal betroffene Kunden sein, für die es noch keinen Rückruf gibt oder deren Anspruch schon verjährt ist. Teilweise müssen die Kunden noch nicht einmal eine Nutzungsentschädigung für das Auto zahlen, sondern können den Wagen „zum Neupreis“ zurückgeben.

Grundsätzlich gilt dasselbe auch für Leasing oder andere verbundene Geschäfte, beispielsweise wenn Verbraucher im Möbelhaus ihre Küche finanziert haben.

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