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Insolvenzen von geschlossenen Fonds: Beratungshaftung und Prospekthaftung

2. September 2019

Geschlossene Fonds werden gerne als einfache und sichere Geldanlage verkauft: Man investiert sein Geld beispielsweise in eine Immobilie, ein Kraftwerk, ein Schiff, eine Filmproduktion oder ein Flugzeug und erhält (vermeintlich) fest vereinbarte Renditen. Allerdings zeigen die Anlageskandale der jüngeren Vergangenheit, dass diese Anlageprodukte deutlich komplexer und vor allem riskanter sind als sie erscheinen.

Im Folgenden erläutern wir die Risiken und zeigen Ansatzpunkte, wie sich geschädigte Anleger wehren können, insbesondere dank Beratungshaftung und Prospekthaftung. Dabei beleuchten wir auch die Regeln zur Verjährung. Zum Schluss stellen wir wichtige Arten von geschlossenen Fonds vor: geschlossene Immobilienfonds, Schiffsbeteiligungen, Flugzeugfonds, Kraftwerksfonds, Filmfonds. Daneben gibt es auch noch weitere Anlageschwerpunkte, beispielsweise Infrastrukturfonds oder Waldfonds. Letztere sind aber meist keine Fonds im engeren Sinne, da die Bäume oft einzeln verkauft werden.

Kapitalverlust, Nachschusspflicht und andere Risiken bei geschlossenen Fonds

Auch wenn es gerne anders kommuniziert wird: Trotz der i.d.R. in Aussicht gestellten festen Auszahlungen handelt es sich bei der Beteiligung an einem geschlossenen Fonds nicht um einen Kredit oder eine Spareinlage. Vielmehr gehen Anleger ein unternehmerisches Risiko ein. Das Investitionsobjekt kann zerstört oder unbrauchbar werden. Versicherungen springen dabei aber nicht in allen Fällen ein. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass seine Vermarktung nicht zu den prognostizierten Konditionen stattfinden kann. So kam die Stiftung Warentest vor einigen Jahren zu dem ernüchternden Ergebnis, dass nur etwa 2 von 3 geschlossenen Fonds überhaupt die Gewinnzone erreichten – und nur etwa 6 % erreichten ihre eigenen Prognosen. Selbst garantierte Renditen sind oft nichts wert, da der Fonds meist selbst für die Garantien haftet. Teilweise handelt es sich auch von vorneherein um Anlagebetrug.

Viele Fonds werden „gehebelt“. Das bedeutet, dass das Investitionsobjekt auch teilweise aus Krediten finanziert wurde. Dadurch kann es dann schnell zu einem Totalverlust kommen. Die Forderungen der Banken haben nämlich Vorrang vor denen der Anleger, die ja Unternehmer sind. Krisen können vor allem dann verschärft werden, wenn die Kreditgeber das Recht haben, Darlehen vorzeitig zu kündigen – oder wenn die Kredite eine kürzere Laufzeit haben als der Fonds. Dann droht die Zahlungsunfähigkeit oder zumindest eine höhere Zinsbelastung.

In manchen Fällen müssen gewährte Steuervorteile zurückgezahlt werden. Dies ist aber aufgrund von Beschränkungen bei den Verrechnungsmöglichkeiten inzwischen selten geworden. Allerdings sind in der Vergangenheit auch schon Steuernachforderungen auf der Ebene der Gesellschaften entstanden.

Gerade geschlossene Fonds arbeiten oft mit hohen Vertriebsprovisionen und Managementgebühren, die die Projekte von Anfang an mit hohen Kosten belasten.

Der Name „geschlossene Fonds“ kommt daher, dass sie geschlossen werden, sobald sie finanziert sind. Das bedeutet, dass weitere Investitionen oder ein Ausstieg nicht ohne weiteres möglich sind.

Die Gestaltung der Rechtsform ist oft wesentlich komplexer als es die Bezeichnung „Fonds“ vermuten lässt. So existieren z.B. Anteile an Kommanditgesellschaften, Nachrangdarlehen, stille Beteiligungen und weitere Formen. So war die AVG Altersvorsorgegenossenschaft eG eine Genossenschaft – wobei die BaFin diese Rechtsform als für die Geldanlage unzulässig angesehen hat. Unterschiede in der Form weisen aber häufig auch Unterschiede in der Prospekthaftung und im Risiko auf. Geschlossene Fonds werden heute oft als Kommanditgesellschaften aufgelegt. Die Anleger sind in diesem Fall Kommanditisten und haften i.d.R. nur mit ihrer Einlage. Dies gilt aber nur, solange durch Ausschüttungen nicht die vereinbarte Haftsumme unterschritten wird. Außerdem wird teilweise vereinbart, dass Ausschüttungen, denen kein entsprechender Gewinn gegenübersteht, nur als Darlehen ausbezahlt werden. Diese kann die Gesellschaft dann zurückfordern. Bei älteren Fonds (bis Mitte 2013) war sogar häufig eine Nachschusspflicht vorgesehen, also die Pflicht, bei einer Schieflage weiteres Geld einzuzahlen. Dies lag daran, dass die Anleger ihre Kommanditeinlage zunächst nur teilweise einzahlen mussten.

Wird der Fonds in einer anderen Rechtsform aufgelegt, kann sich daraus eine Nachschusspflicht ergeben. Bei der GbR haften die Gesellschafter beispielsweise unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen. Diese ist jedoch in den meisten Fällen seit 2013 nicht mehr zulässig. Unabhängig von der Rechtsform können Anleger beispielsweise auch als stille oder atypische Gesellschafter investieren. Die Haftung hängt hier von den jeweiligen Verträgen ab.

Wie sich Anleger bei einer Insolvenz wehren können

Wenn ein geschlossener Fonds pleitegeht (oder zumindest nicht die versprochene Rendite abwirft), bedeutet das für die Anleger oft hohe Verluste. In vielen Fällen müssen sie sich damit aber nicht abfinden, sondern können Schadensersatz verlangen. Dabei sollte man nicht nur wissen, welche Ansprüche man hat, sondern auch von wem man sie einfordern kann. Wichtig ist v.a., wo überhaupt noch Geld zu holen ist – selbst ein Sieg vor Gericht hilft meist wenig, wenn der Anspruchsgegner insolvent ist.

Neben den unten beschriebenen Optionen besteht zumindest bei noch laufenden Fonds auch die Möglichkeit, einen Austausch des Managements zu erzwingen. Dazu müssen sich die Anleger allerdings einig sein.
In manchen Fällen können Forderungen des Fonds – z.B. auf Nachzahlung ausstehender Kommanditeinlagen – auch verjährt sein.

Beratungshaftung bei geschlossenen Fonds

Anleger und Berater können einen Beratungsvertrag schon durch schlüssiges Handeln abschließen – also dadurch, dass die Beratung aufgenommen wird. Dadurch hat der Berater die Verpflichtung zu Aufklärung, Beratung, Empfehlung und gegebenenfalls Warnung.
Verstößt der Berater – egal ob Bank, Honorarberater, Makler oder ähnliches – gegen diese Pflichten, ist er zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. Meist haben die Unternehmen dazu eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen, sodass hier normalerweise nicht mit einer Zahlungsunfähigkeit zu rechnen ist.

Voraussetzung für die Haftung ist eine Schlecht- oder Falschberatung, insbesondere ein Verstoß gegen Grundsätze der Wahrheit, Klarheit und Vollständigkeit. Das kann dann der Fall sein, wenn Aufklärungs- oder Warnpflichten verletzt werden und dadurch beim Beratenen ein Schaden entstanden ist. Dabei muss sich der Berater auch ein Bild über Kenntnisse und Lebensbedingungen des Kunden machen und seine Empfehlungen daran anpassen. So muss er sicherstellen, dass sich der Anleger ein realistisches Bild von den Risiken machen kann.

Fehlt einem Berater die nötige Sachkenntnis zu einem Thema, muss er darauf auch hinweisen. Sonst schützt ihn seine Unwissenheit auch nicht vor Schadensersatzforderungen.

Prospekthaftung bei geschlossenen Fonds

Für die meisten Geldanlageprodukte – auch am „grauen Kapitalmarkt“ – sind inzwischen Anlageprospekte vorgeschrieben. Diese sollen potenzielle Anleger über die wesentlichen Aspekte des Produkts informieren, alle voran über die Risiken. Je nach Art der Geldanlage gelten dabei unterschiedliche Vorschriften:

Das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) gilt nur für Wertpapiere, die an einem „organisierten Markt“ gehandelt werden – gemeint ist damit v.a. eine Börse. Geschlossene Fonds sind damit meist nicht betroffen. Das WpPG sieht eine Haftung für Gründer, Initiatoren, Hintermänner, die übrigen Garanten des Prospekts, ggf. auch Treuhänder, beteiligte Banken und Konzernmütter vor, wenn diese vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Angaben machen oder wichtige Informationen weglassen. Mehrdeutigkeit oder Beschönigung reicht dabei bereits für die Haftung aus.

Wie detailliert und verständlich ein Prospekt abgefasst werden muss, hängt nicht zuletzt von der Zielgruppe ab. Soll ein Produkt überwiegend an unerfahrene Privatanleger vertrieben werden, wird man detaillierter und klarer informieren müssen als bei einem Produkt für Profis.

Ein Schadensersatzanspruch besteht jedoch nur, wenn die falschen bzw. fehlenden Informationen auch relevant für die Kaufentscheidung waren. Allerdings muss der Berater i.d.R. beweisen, dass dies nicht so war. Außerdem besteht der Anspruch nur, wenn die Wertpapiere innerhalb von 6 Monaten nach der Veröffentlichung des Prospekts erworben wurden.
Besteht ein Anspruch auf Schadensersatz, müssen die Wertpapiere zum Erwerbspreis zurückgekauft werden – höchstens jedoch zum Ausgabepreis. Wurde das Wertpapier bereits verkauft, muss die Differenz aus Erwerbs- und Verkaufspreis erstattet werden. Die Kosten für Erwerb (bzw. Verkauf) kommen jeweils noch hinzu.

Das Vermögensanlagegesetz (VermAnlG) sieht ähnliche Regelungen wie das WpPG vor, bezieht sich aber nicht auf Wertpapiere, sondern auf andere Anlageformen.

Das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) gilt für Fonds. Im Unterschied zum WpPG muss hier der Anleger nachweisen, dass die mangelhaften Angaben im Prospekt für den Kauf relevant waren. Der Anspruch besteht hier gegen die Vermögensverwaltungsgesellschaft, gewerbsmäßige Verkäufer des Produkts sowie gegen gewerbsmäßige Verkaufsvermittler.

Verjährung von Beratungshaftung und Prospekthaftung

Beratungshaftung und Prospekthaftung unterliegen der normalen Verjährung. Das bedeutet: Sobald ein Anleger Kenntnis von seinem Schaden, von den Fehlern bei Beratung bzw. Prospekt und vom Anspruchsgegner hat, verjähren seine Ansprüche in 3 Jahren zum Jahresende. Unabhängig von der Kenntnis verjährt der Anspruch 10 Jahre nach der Falschberatung bzw. nach dem Erwerb.

Wichtige Arten von geschlossenen Fonds

geschlossene Immobilienfonds

Geschlossene Immobilienfonds kaufen bzw. bauen eine Immobilie (selten mehrere Objekte). Üblicherweise handelt es sich dabei um Einkaufszentren, Bürogebäude, Geschäftshäuser oder Wohnimmobilien, aber auch sehr spezialisierte Objekte wie Krankenhäuser. Häufige Verkaufsargumente sind garantierte Mieteinnahmen und die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen nach 10 Jahren. Obwohl Immobilien als wertstabile Geldanlage angesehen werden, sind auch geschlossene Immobilienfonds mit Risiken und Nachteilen verbunden:

  • Prognosen – beispielsweise über die zukünftige Wertentwicklung – sind immer mit Unsicherheit behaftet und können auch bewusst geschönt sein. So hängt der Wert der Immobilie stark vom lokalen Immobilienmarkt ab.
  • Baumängel und Fehlplanungen können zu hohen Kosten, Mietausfällen und Wertverlusten führen.
  • Die Insolvenz der Mieter stellt ein großes Risiko dar, insbesondere bei Objekten mit nur einem Mieter, da nicht ohne Weiteres Ersatz gefunden werden kann.
  • Die hohen Kosten für Gründung, Vertrieb und Management von teilweise 20% der Investitionssumme müssen erst einmal wieder erwirtschaftet werden, was im ohnehin eher renditearmen Immobiliengeschäft nicht einfach ist.

Wichtige Anbieter im Markt sind bzw. waren u.a. IVG, Signa, Real I.S., fairvesta, Jamestown, KGAL und ZBI.

Schiffsfonds bzw. Schiffsbeteiligungen

Bei Schiffsfonds bzw. Schiffsbeteiligungen ist das Investitionsobjekt ein Schiff, beispielsweise ein Containerschiff, ein Tanker, ein Massengutfrachter (Bulker) oder ein Kreuzfahrtschiff. Insbesondere bei Objekten mit nur einem Mieter stellt die. Diese wiederum werden vom Volumen des internationalen Handels und den vorhandenen Kapazitäten beeinflusst.

So kam es im Zuge der Weltwirtschaftskrise 2008/2009 bei einigen Schiffsfonds zu so hohen Verlusten, dass selbst die Banken einen Teil ihrer Kredite abschreiben mussten – für die Anleger blieb dementsprechend nichts übrig. Allerdings sind die Ansprüche aus dieser Zeit größtenteils bereits verjährt.

Wichtige Anbieter und Initiatoren von Schiffsbeteiligungen sind bzw. waren Lloyd Fonds AG, Conti Unternehmensgruppe, Dr. Peters Gruppe, Hansa Treuhand, HCI Capital AG und MPC Capital AG.

Flugzeugfonds

Flugzeug-Fonds erwerben ein Flugzeug (selten mehrere) und vermieten es anschließend an Fluggesellschaften. Damit sich der administrative Aufwand lohnt, werden überwiegend größere Flugzeuge finanziert, wie der Airbus A 380 oder die Boeing 777.

Ein Risiko von Flugzeugfonds besteht darin, dass die Mietverträge meist nicht über die volle prognostizierte Lebensdauer des Flugzeugs laufen, sondern nur über einen bestimmten Zeitraum (typischerweise 10 Jahre). Besteht zum Ende der Mietdauer keine Nachfrage nach dem betreffenden Flugzeugtyp, können Verluste eintreten. Dies ist beispielsweise beim Airbus A 380 passiert, bei dem der Hersteller sogar die Einstellung der Produktion angekündigt hat.

Ein weiteres nennenswertes Risiko stellt die Insolvenz der Fluggesellschaft dar. In diesem Fall muss das Flugzeug möglicherweise zu schlechteren Konditionen neu vermietet werden.

Wichtige Anbieter bzw. Initiatoren von Flugzeugfonds sind Dr. Peters Group, Doric, Hannover Leasing, Hansa Treuhand, Wealth­Cap und Lloyd Fonds AG.

Windkraftfonds, Solarfonds und andere erneuerbare-Energien-Fonds

Erneuerbare-Energien-Fonds investieren in Anlagen zur Energiegewinnung, hauptsächlich in Windparks oder Solarparks. Sie gehören zu den wenigen Fonds, die nicht von Marktentwicklungen oder Kunden abhängen, da Abnahme und Preise durch die Einspeisevergütung gesichert sind. Allerdings gibt es auch hier Risiken:

  • Eine mangelhafte (oder bewusst beschönigte) Standortanalyse oder der Klimawandel können zu einer verringerten Stromausbeute führen.
  • Technische Mängel oder Konstruktionsfehler können zu Leistungseinbußen bis hin zum frühzeitigen Ausfall ganzer Parks führen.
  • Insbesondere – aber nicht nur – in der Frühphase können auch rechtliche Probleme auftreten, beispielsweise verweigerte oder zurückgenommene Genehmigungen.
  • Ob und zu welchem Preis nach dem Ende der garantierten Einspeisevergütung noch Strom abgesetzt werden kann, ist unklar.
  • Missmanagement (z.B. überteuerte und verschleppte Wartung, überhöhte Managementgehälter) kann zu Verlusten führen.
Windkraft-Anlage im Sonnenuntergang. Manchmal geht aber auch bei geschlossenen Fonds das Licht aus.
Auch Windkraftfonds können nicht immer die versprochenen Renditen erzielen.

Medienfonds (Filmfonds)

Filmfonds finanzieren die Produktion von einem oder mehreren Filmen ganz oder zusammen mit anderen Investoren. Teilweise wurden von Medienfonds auch Beteiligungen an anderen Unternehmen erworben. Aus der Anlage in Filmproduktionen ergeben sich mehrere Risiken, u.a.:

  • Die Produktionskosten können höher als geplant ausfallen oder das gesamte Filmprojekt noch vor der Fertigstellung scheitern.
  • Der Film kann beim Publikum schlecht ankommen und so zu wenig Umsatz generieren.
  • Bei den komplexen Beziehungen zwischen Initiatoren, Management und Anlegern des Fonds sowie den anderen an Filmproduktion und Vertrieb Beteiligten (z.B. Produzenten, Schauspieler, Filmverleih) kann es sein, dass die Verträge zum Nachteil der Investoren ausgestaltet werden.
  • Fonds können unnötig „am Leben erhalten“ werden, um dem Management langfristig Posten zu sichern.

Auch bei Filmfonds wurden die Steuersparmöglichkeiten, von denen sie lange getrieben wurden, inzwischen weitgehend abgeschafft. Teilweise kam es sogar zu Rückforderungen vom Finanzamt, insbesondere wenn das Management Fehler begangen hatte. In der bereits erwähnten Auswertung der Stiftung Warentest schnitten die Filmfonds am schlechtesten ab: Fast alle hatten Verluste gemacht.

Wichtige Anbieter von Medien- und Filmfonds sind u.a. VIP, German Film Productions (GFP), Apollomedia, Equity Pictures oder Cinerenta.

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