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Bekommt ein volljähriges Kind Unterhalt?

4. Mai 2021

In Deutschland gelten Kinder ab Vollendung des 18. Lebensjahrs als volljährig. Damit endet auch das Sorgerecht der Eltern. Dennoch sind volljährige Kinder in vielen Fällen noch finanziell abhängig von ihren Eltern. Das gilt insbesondere dann, wenn sie sich noch in Ausbildung befinden. In dieser Zeit brauchen auch volljährige Kinder noch die finanzielle Unterstützung ihrer Eltern. Doch unter welchen Voraussetzungen hat ein Kind über 18 einen Anspruch auf Unterhalt?

In diesem Artikel zeigen wir auf

Unterhalt ab 18: Anspruch

Ein volljähriges Kind, das nicht verheiratet ist, hat Anspruch auf Unterhalt, wenn es noch zur Schule geht oder sich in einer Ausbildung oder einem Studium befindet. Erst wenn das Kind seinen ersten berufsqualifizierenden Abschluss erreicht hat, endet die Unterhaltspflicht der Eltern. Das gilt auch dann, wenn das Kind noch zu Hause lebt.

Allerdings hat ein volljähriges Kind im Gegensatz zu Minderjährigen einen Anspruch auf Barunterhalt gegenüber beiden Eltern. Leben die Eltern getrennt oder sind sie geschieden, ist damit auch der Elternteil in der Verantwortung, bei dem das Kind wohnt. Beide Elternteile teilen sich also die Unterhaltskosten, allerdings nicht zwangsläufig genau hälftig. Der Anteil am Volljährigenunterhalt richtet sich vielmehr nach dem jeweiligen Einkommen der Eltern.

Unterhalt volljähriges Kind: Dauer

Laut Gesetz sind Eltern verpflichtet, ihrem Kind Unterhalt zu zahlen, bis es einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss erreicht hat. Dabei kann es sich um eine abgeschlossene Ausbildung oder auch ein Studium handeln. Somit endet die Unterhaltspflicht also weder mit der Volljährigkeit noch mit Vollendung des 25. Lebensjahrs, auch wenn das Kind dann keinen Anspruch mehr auf Kindergeld hat. Doch wie steht es um die Unterhaltspflicht, wenn das volljährige Kind eine zweite Ausbildung beginnt oder den Ausbildungsberuf bzw. das Studienfach wechselt?

Besteht Unterhaltsanspruch bei Zweitausbildung bzw. Weiterbildung?

Grundsätzlich gilt: In der Regel müssen Eltern eine Zweitausbildung nicht mehr finanzieren. Denn das volljährige Kind kann sich mit einer abgeschlossenen Ausbildung künftig selbst unterhalten. Anders verhält es sich, wenn es sich nicht um eine Zweitausbildung, sondern eine Weiterbildung handelt. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn das Kind nach einer abgeschlossenen Ausbildung noch ein Studium absolviert, das in engem fachlichen bzw. inhaltlichen Zusammenhang zur Lehre steht. So ein fachlicher Zusammenhang besteht beispielsweise zwischen einer Banklehre und einem anschließendem BWL-Studium. Neben dem fachlichen Zusammenhang muss zudem ein zeitlicher Zusammenhang bestehen. D.h. das Kind muss die Weiterbildung zeitnah an die Ausbildung anschließen. Dabei werden Einschreibungsfristen oder Wartezeiten, die durch den Numerus Clausus entstehen, selbstverständlich berücksichtigt.

Bei studierenden Kindern endet der Unterhaltsanspruch in der Regel mit Ablauf der Regelstudienzeit. Zudem sind sie in der Pflicht, ihre Eltern über den Fortlauf ihres Studiums zu informieren und das Studium so zügig wie möglich abzuschließen. Auch hier gilt: Wenn das Kind nach dem Bachelor-Abschluss einen Master-Abschluss anschließen möchte, bleibt der Unterhaltsanspruch bestehen. Allerdings muss ebenfalls ein fachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen beiden Studiengängen bestehen. Bei einer daran anschließenden Promotion besteht in der Regel aber kein Anspruch auf Volljährigenunterhalt mehr.

Besteht Unterhaltsanspruch bei Berufs- oder Studienfachwechsel?

Auch bei einem Studiengangs- oder Lehrberufswechsel geht der Unterhaltsanspruch nicht verloren. Denn jungen Menschen wird gesetzlich zugestanden, sich über die eigenen Fähigkeiten oder die Berufswahl zu irren und sich noch einmal neu zu orientieren. Allerdings sollte dieser Wechsel möglichst früh stattfinden. Für Studierende ist ein Studienfachwechsel höchstens bis zum dritten Semester möglich. Auch Auszubildenden wird zugestanden, sich umzuorientieren. Der Unterhaltsanspruch erlischt also nicht, wenn das Kind die erste Ausbildung abbricht, sofern die Gründe dafür nachvollziehbar sind. Eine einmalige berufliche Neuorientierung wird dabei ebenso als nachvollziehbarer Grund angesehen wie beispielsweise Mobbing am Arbeitsplatz. Anders verhält es sich, wenn das Kind bereits die zweite Ausbildung abbricht oder nach Ausbildungsabbruch keine neue Arbeitsstelle sucht. In diesen Fällen erlischt der Unterhaltsanspruch nach einer angemessenen Orientierungszeit.

Besteht Unterhaltsanspruch nach Beendigung der Schule/Ausbildung?

Nach dem Schulabschluss wird dem Kind eine angemessene Orientierungszeit zugestanden, in der die Eltern ebenfalls unterhaltspflichtig sind. Damit bekommt das Kind die Gelegenheit, sich einen passenden Ausbildungs- oder Studienplatz zu suchen.

Hat das volljährige Kind Ausbildung bzw. Studium abgeschlossen, steht ihm eine Bewerbungsfrist zu. Die Eltern müssen für weitere drei Monate Unterhalt zahlen. In dieser Zeit kann sich das Kind auf eine passende Arbeitsstelle bewerben.

Besteht Unterhaltsanspruch, wenn sich mein Kind nicht in Ausbildung befindet?

Ein volljähriges Kind, das sich nicht in einer Ausbildung befindet, ist prinzipiell dazu verpflichtet, selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Macht Ihr Kind also nach dem Schulabschluss eine Weltreise oder nimmt an einem Work-and-Travel-Programm teil, sind Sie grundsätzlich nicht unterhaltspflichtig. Auch eine Stelle als Au-Pair gilt nicht als Ausbildung und Sie müssen keinen Unterhalt zahlen. Nimmt Ihr Kind nach seiner Rückkehr eine Ausbildung oder ein Studium auf, kann allerdings wieder ein Unterhaltsanspruch bestehen.

Anders verhält es sich, wenn Ihr Kind ein Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr (FSJ/FÖJ) absolviert. Früher wurde ein FSJ/FÖJ als Ausbildungsverzögerung angesehen, deshalb bestand in der Regel kein Unterhaltsanspruch. In der jüngeren Rechtsprechung wird das FSJ dagegen immer öfter als Orientierungs- bzw. Entwicklungsphase gewertet, in der Sie unterhaltspflichtig sind. Allerdings gilt dabei kein pauschaler Unterhaltsanspruch, vielmehr wird jeder Einzelfall gesondert bewertet.

Unterhalt volljähriges Kind: Berechnung

Lebt Ihr volljähriges Kind noch zu Hause, richtet sich die Höhe des Volljährigenunterhalts nach der Düsseldorfer Tabelle. Die jeweiligen Unterhaltskosten ergeben sich dabei aus dem Nettoeinkommen der Barunterhaltspflichtigen und dem Kindesalter. Da bei volljährigen Kindern beide Elternteilen unterhaltspflichtig sind, wird ihr Nettoeinkommen zusammengerechnet. Die Unterhaltshöhe kann dann ganz einfach aus der Düsseldorfer Tabelle in der Altersstufe ab 18 Jahren abgelesen werden.

Lebt Ihr volljähriges Kind dagegen nicht bei Ihnen, sondern führt schon einen eigenen Haushalt, beläuft sich der Unterhaltsbedarf laut Düsseldorfer Tabelle pauschal auf 860 Euro (Stand: 2021) unabhängig von Ihrem Einkommen.

Hat das volljährige Kind ein eigenes Einkommen wird das auf den Unterhaltsbedarf angerechnet. Befindet sich das Kind z. B. in einer Ausbildung, gilt die Vergütung als Einkommen und vermindert den Unterhaltsbedarf. Allerdings darf der Auszubildende sowohl die Fahrkosten als auch eine Ausbildungspauschale von 100 Euro von seinem anzurechnenden Einkommen abziehen.

Neben der Ausbildungsvergütung zählen auch Bafög-Leistungen oder Stipendien als Einkommen des Kindes und mindern damit den Unterhaltsbedarf. Auch wenn Ihr Kind neben Schule oder Studium einem regelmäßigen Nebenjob nachgeht, können diese Einkünfte vom zu zahlenden Unterhaltsbetrag abgezogen werden. Darüber hinaus ist das Kindergeld in voller Höhe vom Unterhaltsbedarf abzuziehen und nicht mehr nur hälftig wie bei minderjährigen Kindern. Allerdings muss dann auch das gesamte Kindergeld an das volljährige Kind weitergeleitet werden. Lebt Ihr volljähriges Kind bei Ihnen, können Sie außerdem den Naturalunterhalt – z.B. Wohn- und Verpflegungskosten – auf Ihren Anteil am Barunterhalt anrechnen.

Die Höhe des tatsächlichen Volljährigenunterhalts – also der genaue Unterhaltsanspruch – ergibt sich folglich aus dem Unterhaltsbedarf laut Düsseldorfer Tabelle abzüglich des Kindergelds und möglichen Einkünften Ihres volljährigen Kindes. Doch wie genau berechnet sich nun Ihr Anteil am zu leistenden Volljährigenunterhalt?

Unterhalt ab 18: Berechnung des jeweiligen Anteils

Beide Eltern haften für den Unterhaltsanspruch Ihres volljährigen Kindes. Das heißt allerdings nicht, dass jeder Elternteil genau die Hälfte des Unterhalts zu zahlen hat. Stattdessen ist dieser anteilig zu leisten und richtet sich dabei nach den jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Eltern.

Selbstbehalt

Zunächst werden sogenannte berufsbedingte Aufwendungen von Ihrem Nettoeinkommen abgezogen. Unter berufsbedingte Aufwendungen fallen z. B. die Kosten für Arbeitskleidung und Arbeitsmittel oder auch Fahrtkosten, die vom Arbeitgeber nicht erstattet werden. Ohne Nachweis können Sie 5 % Ihres Nettoeinkommens als berufsbedingte Aufwendungen von Ihrem Einkommen abziehen. Übersteigen Ihre Ausgaben den Pauschalbetrag können Sie auch das geltend machen. Dafür müssen Sie dann allerdings einen Nachweis erbringen.

Daneben wird auch ein angemessener Selbstbehalt von Ihrem Nettoeinkommen abgezogen. Die Höhe des Eigenbedarfs unterscheidet sich dabei je nachdem, ob der Unterhaltspflichtige erwerbstätig ist oder nicht. Darüber hinaus wird berücksichtigt, ob das volljährige Kind noch zu Hause lebt oder ob es schon einen eigenen Haushalt führt.

Bei volljährigen privilegierten Kindern, also Kindern unter 21 Jahren, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und noch zur Schule gehen, beläuft sich der Selbstbehalt der Eltern aktuell auf

  • 960 Euro pro Monat für nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtige
  • 1.160 Euro pro Monat für erwerbstätige Unterhaltspflichtige (Stand: 2021).

Bei volljährigen Kindern über 21 Jahren beziehungsweise volljährigen Kindern, die einen eigenen Haushalt führen beläuft sich der Selbstbehalt der Eltern aktuell auf 1.400 Euro (Stand: 2021).

Berechnung des zu leistenden Anteils

Für die Berechnung Ihres Anteils am Volljährigen gibt es eine allgemeingültige Formel. Diese lautet:

(Unterhaltsanspruch x Einzeleinkommen nach Abzügen) / Gesamteinkommen beider Elternteile nach Abzügen = Unterhaltsanteil

Rechenbeispiel:

Elternteil A verdient 2.500 Euro, Elternteil B 2.000 Euro netto im Monat. Das Gesamteinkommen beider Elternteile beträgt somit 4.500 Euro. Das 22-jährige Kind, das gerade ein Studium absolviert, lebt bei Elternteil B. Aus der Düsseldorfer Tabelle lässt sich daraus ein Unterhaltsbedarf von 813 Euro für das volljährige Kind ablesen.

Das Kind hat einen regelmäßigen Nebenjob auf Minijob-Basis und verdient monatlich 160 Euro. Zusätzlich stehen dem Kind 219 Euro Kindergeld zu. Dieser Betrag wird vom Unterhaltsbedarf abgezogen, woraus sich ein Unterhaltsanspruch von 434 Euro ergibt.

Zwar lebt das Kind bei Elternteil B, allerdings ist es schon älter als 21 Jahre. Daraus ergibt sich sowohl für Elternteil A als auch Elternteil B ein Selbstbehalt von jeweils 1.400 Euro. Das Einkommen von Elternteil A abzüglich der berufsbedingten Aufwendungen von 5 % (125 Euro) und des Selbstbehalts beträgt damit 975 Euro. Das Einkommen von Elternteil B abzüglich berufsbedingter Aufwendungen (100 Euro) und Selbstbehalt beträgt 500 Euro. Zusätzlich kann Elternteil B noch die Wohn- und Verpflegungskosten anrechen. Diese betragen 150 Euro pro Monat. Nach allen Abzügen hat Elternteil B also ein Einkommen von 350 Euro.

Ihr Gesamteinkommen nach allen Abzügen beträgt somit 1.325 Euro.
Daraus ergibt sich jeweils folgender Anteil am Unterhalt:
Elternteil A: (434 € x 975 €) / 1.325 € = 319, 36 €
Elternteil B: (434 € x 350€) / 1.325 € = 114,64 €

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