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AvP-Insolvenz: So wehren sich betroffene Apotheker

29. September 2020

Die AvP Deutschland GmbH hat am 15.9.2020 Insolvenz angemeldet, nachdem die Aufsichtsbehörde BaFin die Geschäftsführung an einen Sonderbeauftragten übertragen hatte. Für etwa 3.500 Apotheker und andere Dienstleister aus dem Gesundheitsbereich bedeutet das, dass sie wohl einen Großteil ihres Umsatzes aus dem August 2020 abschreiben müssen. Wir erklären, worauf die von der AvP-Pleite betroffenen Apotheker achten müssen und wie sie noch möglichst viel Geld retten können.

Wechsel des Zahlungsabwicklers und Widerruf der Abtretung

Apotheker, die von der AvP-Insolvenz betroffen sind, sollten sich überlegen, zu einem anderen Dienstleister zu wechseln. Außerdem kann es Sinn machen, die gegenüber der AvP Deutschland GmbH erteilten Abtretungen zu widerrufen. Damit bekommen sie die Forderungen gegenüber den Krankenkassen, die bisher noch nicht an die AvP zurückbezahlt wurden, zurück und können sie selbst oder über einen neuen Dienstleister eintreiben.

Anmeldung zur Insolvenztabelle

Sobald das eigentliche Insolvenzverfahren für die AvP Deutschland GmbH beginnt, können betroffene Apotheker ihre ausstehenden Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden. Wie viel Geld sie dabei noch bekommen und wann es ausgezahlt wird, ist derzeit ungewiss. Vorläufiger Insolvenzverwalter ist übrigens Dr. Jan-Philipp Hoos.

Aussonderungsrecht bei Treuhandkonto

Vor der Insolvenz hat AvP offenbar verschiedene Vertragsmodelle in seinen AGB vorgesehen. Für einen Teil der Apotheker sollten laut § 6 der Verträge individuelle Treuhandkonten geführt werden, über die die Zahlungen abgewickelt werden sollten. In diesem Fall würden die Treuhandkonten nicht in die Insolvenzmasse fallen. Die von der AvP-Insolvenz betroffenen Apotheker hätten damit ein Aussonderungsrecht für das Geld auf „ihrem“ Konto. Noch ist allerdings nicht klar, ob die Gelder tatsächlich auf Fremdgeldkonten geführt wurden und ob diese Trennung angesichts der Abwicklung über eine Abtretung überhaupt rechtlich haltbar ist.

Schadensersatz von Dritten

Möglicherweise gibt es auch noch Dritte, die für die AvP-Insolvenz haftbar gemacht werden können. Sofern diese selbst noch zahlungsfähig sind, können sie grundsätzlich auf Schadensersatz verklagt werden. Apotheker sollten – zusammen mit ihrem Anwalt – unter anderem folgende Fragen prüfen:

  • Die AvP Deutschland GmbH ist eine Tochter der AvP Service AG, die nach Medienberichten inzwischen (29.9.2020) ebenfalls Insolvenz angemeldet hat. Aktuell liegen Rechtecheck keine Informationen über die genauen konzernrechtlichen Verflechtungen der beiden Gesellschaften vor. Falls die AG aber beispielsweise eine Patronatserklärung für die GmbH abgegeben hat, muss sie für deren Schulden haften.
  • Ist ein Unternehmen überschuldet, muss der Geschäftsführer (bisher Jochen Brocher) einen Insolvenzantrag stellen. Falls die Überschuldung schon länger bestand, wäre die bisherige Geschäftsführung persönlich haftbar. Nach Medienberichten ermittelt die Staatsanwaltschaft inzwischen wegen Bankrotts, also wegen betrügerischer Insolvenz.
  • Obwohl die Aufsichtsbehörde BaFin letztlich durchgegriffen hat, ist bisher unklar, ob sie nicht zu lange mit diesem Schritt gewartet hat.
  • Von Medien wurden auch die Wirtschaftsprüfer kritisiert, weil in den Jahresabschlüssen Hinweise auf die geführten Treuhandkonten fehlen.

Fristverlängerung beim Finanzamt

Grundsätzlich wird wohl auch auf die Beträge, die die Krankenkassen an die insolvente AvP ausbezahlt haben, Mehrwertsteuer fällig – und das unabhängig davon, ob die Apotheker das Geld auch erhalten haben. Zusätzlich ergibt sich das Problem, dass die Apotheker teilweise noch keine Abrechnung erhalten haben. Sie sollten daher mit dem Finanzamt Kontakt aufnehmen und um eine Fristverlängerung für die Abgabe bitten. Außerdem kann es Sinn machen, mit dem Finanzamt über eine Herabsetzung der Steuervorauszahlungen oder eine Stundung von Zahlungen zu diskutieren.

Insolvenzpflicht der Apotheke?

Die Apotheker müssen nach der Insolvenz von AvP auch prüfen, ob sie selbst Insolvenz anmelden müssen. Persönlich haftende Berufsträger müssen zwar keine Insolvenz anmelden, wenn die Schulden das Vermögen übersteigen. Bei Zahlungsunfähigkeit müssen sie aber dennoch den Gang zum Amtsgericht antreten. Die gute Nachricht: Die Apobank hat angekündigt, betroffenen Apotheken kurzfristig mit Kreditlinien zu helfen.

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