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Arzthaftungsrecht – Ihre Patientenrechte im Überblick

22. Januar 2018

Die Begriffe Arzthaftung und Ärztepfusch sind wohl jedem bekannt, doch was hat es rechtlich gesehen damit auf sich? Wann liegt ein Behandlungsfehler vor? Welche Pflichten hat ein Arzt? Bin auch ich schon einmal von Ärztepusch betroffen gewesen?

Bevor all diese Fragen geklärt werden, betrachten wir den Begriff Arzthaftung einmal genauer. Allgemein versteht man darunter die zivilrechtliche Verantwortung eines Arztes gegenüber einem Patienten bei Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflichten.

Nach § 630a BGB kommt bei der Behandlung eines Patienten ein Behandlungsvertrag zustande, dem zufolge der Arzt fachgerechte Bemühungen mit dem Ziel der Heilung oder Linderung von Beschwerden schuldet. Des Weiteren beinhaltet dieser Vertrag, dass sich der Arzt an die erforderlichen Sorgfaltspflichten der Behandlung hält, die durch die medizinischen Standards des jeweiligen Fachgebiets bestimmt werden.

Arzthaftung bei Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht

Im Klartext bedeutet das, dass der Arzt nur dann haftet, wenn er eine oder mehrere Pflichten des Behandlungsvertrags verletzt hat. Nur bei einer solchen Pflichtverletzung kann es Schadensersatz oder Schmerzensgeld geben. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch: Sollte ein bestimmter Erfolg bzw. die Heilung ausbleiben, haftet der Arzt nicht, sofern er fachgerechte Bemühungen mit dem Ziel der Heilung unternommen hat.

Um ein wenig Klarheit und Transparenz in das umfangreiche Gebiet des Arzthaftungsrechts zu bringen, werden Verletzungen der Sorgfaltspflicht im Wesentlichen in folgende drei Gruppen unterteilt:

Behandlungsfehler

Wie bereits erklärt muss eine ärztliche Behandlung den allgemein anerkannten fachlichen Standards (zum Zeitpunkt der Behandlung) entsprechen. Sollte ein Arzt oder auch eine Klinik die geltenden medizinischen Standards verletzen und somit empfohlene diagnostische und therapeutische Maßnahmen nicht korrekt angewandt haben, liegt ein Behandlungsfehler vor.

Fehler können dabei in den verschiedensten Bereichen auftreten und umfassen

  • Diagnosefehler
  • Therapiefehler
  • Befunderhebungsfehler
  • Qualitätsmängel
Behandlungsfehler können Befunderhebungsfehler, Diagnosegeher und Therapiefehler sein
Allein 2016 gab es 15.094 begutachtete Fälle zum Thema Behandlungsfehler beim MDK.

Grober oder einfacher Behandlungsfehler?

Neben der Art des Behandlungsfehlers kann dieser zusätzlich noch in grobe bzw. einfache Verstöße unterschieden werden, was insbesondere für die Verteilung der Beweislast von Bedeutung ist. Dabei gilt, dass die Darlegungs- und Beweislast generell auf Seiten des Patienten liegt, man spricht dann auch von einem einfachen Behandlungsfehler.

Handelt es sich dagegen um einen groben Behandlungsfehler, d.h. um grobes Fehlverhalten eines Arztes, welches aus medizinischer Sicht schlicht unverständlich ist, findet eine Beweislastumkehr statt.

Vereinfacht bedeutet dies, dass bei einem einfachen Behandlungsfehler der Patient nachweisen muss, dass dem Arzt auch tatsächlich ein Fehler unterlaufen ist und dass der gesundheitliche Schaden nicht etwa auf andere Umstände, wie z.B. Stress oder körperliche Schwäche zurückzuführen ist. Bei einem groben Behandlungsfehler muss hingegen der Arzt beweisen, dass er unschuldig ist und die ärztliche Sorgfaltspflicht nicht verletzt hat.

Für den Patienten ist die Einschätzung und Klassifizierung eines Behandlungsfehlers äußerst schwer, wenn nicht sogar unmöglich. Es ist daher ratsam sich bei Verdacht auf eine mögliche Fehlbehandlung sofort professionell beraten zu lassen.

Aufklärungsfehler

Neben Behandlungsfehlern ist ein häufiger Grund der Arzthaftung das Versäumen der Aufklärungspflicht. Warum die Aufklärung, beispielsweise vor einem operativen Eingriff nicht nur für den Patienten, sondern auch rechtlich gesehen relevant ist, wird sowohl durch das Zivil-, als auch durch das Strafrecht deutlich.

Arzthaftungsrecht: Aufklärungsfehler sind häufig
Keine Behandlung ohne Aufklärungsgespräch! Sonst muss der Arzt haften.

Grundsätzlich stellt nämlich jede medizinische Behandlung, einen Eingriff in die körperliche Integrität dar und kann somit als Körperverletzung (§ 223 StGB) angesehen werden.

Somit gilt jegliche Form der ärztlichen Behandlung als rechtswidrig, bis der Arzt das Einverständnis des Patienten eingeholt hat. Eine solche Einverständnis kann der Patient aber nur nach vorangegangener Aufklärung auch wirksam geben.

Ein Aufklärungsfehler liegt also immer dann vor, wenn der Arzt nicht oder falsch über spezifische Risiken und Behandlungsmaßnahmen aufgeklärt hat oder er entgegen des Behandlungsvertrags keine Aufklärung nach den aktuellen Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt hat. Die Aufklärungspflicht gilt dabei nicht nur für operative Eingriffe, sondern beispielsweise auch für medikamentöse Behandlungen und Impfungen.

Bei der sogenannten Lebendspende gelten besonders strenge Anforderungen an die Aufklärungspflichten. So muss hier z.B. ein zweiter, neutraler Arzt bei der Aufklärung dabei sein. Außerdem hat der BGH im Januar 2019 entschieden (Az: VI ZR 318/17), dass die Arzthaftung wegen Aufklärungsfehlern in diesem Fall auch dann nicht ausgeschlossen ist, wenn der Patient vermutlich auch im Bewusstsein der Risiken gespendet hätte.

Ausnahmen bei der Arzthaftung für Aufklärungsfehler

Eine wichtige Ausnahme stellt die Notfallbehandlung dar. Sollte eine lebensbedrohliche Situation oder zumindest eine deutliche, rapide Verschlechterung des Gesundheitszustandes vorliegen, bedarf es keiner Einwilligung der medizinischen Behandlung. Daher gibt es in diesen Fällen auch keine Arzthaftung für Aufklärungsfehler. In Fällen der Dringlichkeit, z.B. bei einem Unfall oder einem Schlaganfall spricht man auch von einer „mutmaßlichen Einwilligung“.

Dokumentationsfehler

Eine weitere Verantwortung des Arztes ist die der Dokumentationspflicht. Der Arzt ist dazu verpflichtet, eine Krankenakte über den Patienten zu führen und dessen Behandlung zu dokumentieren. Hinzu gehören Befunde, therapeutische Maßnahmen, Laborergebnisse, Röntgenbilder etc.

Arzthaftungsrecht: Dokumentationsfehler führen oft zur Beweislastumkehr
Beweislastumkehr durch Dokumentationsfehler

Die sach- und fachgerechte Dokumentation ist dabei nicht nur für den behandelnden Arzt von Bedeutung, sondern insbesondere auch für nachbehandelnde Ärzte.

Besteht nun ein sogenannter Dokumentationsfehler, führt dieser in der Regel nicht direkt zu einer Arzthaftung, sondern verleiht der Prozessführung eine Wende.

Die Patientenakte ist ein zulässiges Beweismittel in jedem Gerichtsverfahren und dient entweder zur Be- oder Entlastung des Arztes. Konkret bedeutet dies, dass bei fehlerfreier und durchgängiger Dokumentation der Patient beweisen muss, dass der Arzt einen Fehler gemacht hat. Ist die Dokumentation hingegen lückenhaft, kann es ähnlich wie beim Aufklärungsfehler zu einer Beweislastumkehr kommen. D.h. der Arzt muss nun beweisen, dass er den Patienten korrekt behandelt hat.

Für Sie als Patienten bedeutet das, dass eine Klage auf Schadensersatz mit höherer Wahrscheinlichkeit erfolgreich ist, weshalb die Überprüfung auf Dokumentationsfehler nicht zu unterschätzen ist.

Denkbar ist auch, dass ein Arzt einen Patienten falsch behandelt oder überflüssige Untersuchungen macht, weil die Patientenakte des vorbehandelnden Arztes fehlerhaft oder unvollständig war.

Generell ist es für den Laien äußerst schwierig, sich im Paragraphendschungel des Arzthaftungsrechts zurecht zu finden. Dennoch sollten Sie nicht klein beigeben, sondern für Ihre Rechte kämpfen, es geht schließlich um das Wichtigste in Ihrem Leben – Ihre Gesundheit.

Beachten Sie auch unsere Hinweise zur Verjährung bei Behandlungsfehlern.

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