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Kündigungsschutzklage: Prozesskostenhilfe vor dem Arbeitsgericht

23. August 2021

Ihnen wurde unrechtmäßig gekündigt und Sie streben eine Kündigungsschutzklage an? Oder Sie wollen einen Aufhebungsvertrag anfechten? Dann wird Ihr Verfahren vor dem Arbeitsgericht verhandelt. Können Sie sich den Prozess nicht leisten, bekommen Sie in vielen Fällen auch bei Verfahren vor dem Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe (PKH).

Die Kündigungsschutzklage wird mit der Klageeinreichung beim zuständigen Arbeitsgericht eingeleitet. In erster Instanz herrscht vor dem Arbeitsgericht kein Anwaltszwang, die unterschriebene Klageschrift kann also von jedem selbst eingereicht werden. Um Fehler bei der Erstellung der Klageschrift und im Verfahren zu vermeiden, ist es trotzdem ratsam, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen.

Kosten für ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht

Streben Sie ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht an, müssen Sie neben möglichen Anwaltskosten auch mit den Gerichtsgebühren rechnen. Diese richten sich nach dem Streitwert des Verfahrens. Die Kosten sind dabei oftmals recht hoch, da der Streitwert normalerweise nach den letzten drei Bruttomonatsgehältern festgesetzt wird. Allerdings gibt es im Gegensatz zu Verfahren vor dem Amts- oder Landesgericht keinen Gerichtskostenvorschuss. Die Gerichtsgebühren fallen somit erst im Nachhinein an: Wird das Verfahren durch ein Urteil abgeschlossen, muss die Partei die Gerichtskosten tragen, die verliert. Kommt es zu einem Vergleich, so müssen die Gerichtskosten jeweils anteilig gezahlt werden oder entfallen sogar ganz.

Auch bei den Anwaltskosten gibt es bei Urteilsverfahren vor dem Arbeitsgericht eine Besonderheit: Jede Partei muss die Kosten für ihre anwaltliche Vertretung selbst tragen, unabhängig davon, wie der Rechtsstreit ausgeht. Damit soll Arbeitnehmern die Scheu vor einem Verfahren genommen werden. Denn egal, ob Sie den Rechtstreit gewinnen oder verlieren, die Anwaltskosten des Arbeitgebers müssen auf keinen Fall erstattet werden. Geht der Rechtsstreit jedoch in die zweite Instanz, werden die Anwaltskosten dem Verlierer auferlegt.

Da vor dem Arbeitsgericht in erster Instanz kein Anwaltszwang herrscht, können Sie sich das Anwaltshonorar theoretisch sparen. Dann erhöht sich aber auch das Risiko, dass Sie verlieren. Gerade wenn Sie Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben, sollten Sie daher nicht auf einen Anwalt verzichten.

Prozesskosten Arbeitsgericht: Finanzierungsmöglichkeiten

Verfahren vor dem Arbeitsgericht können also teuer werden. Welche Möglichkeiten gibt es, wenn man die Kosten für einen Gerichtsprozess nicht selbst aufbringen kann? Haben Sie eine Berufsrechtschutzversicherung abgeschlossen, werden die Kosten für ein Verfahren möglicherweise von der Versicherung abgedeckt. Berufsrechtsschutz ist meist in allgemeinen Rechtsschutzversicherungen enthalten, auch im Familien-Rechtsschutz. Sie sollten daher zunächst prüfen, ob Ihre Rechtsschutzversicherung die Kosten übernimmt. Außerdem bieten Gewerkschaften ihren Mitgliedern meist Arbeitsrechtsschutz. Doch was ist, wenn keine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen wurde oder diese nicht greift? Unter bestimmten Umständen können Sie beim Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe beantragen.

Wer hat vor dem Arbeitsgericht Anspruch auf Prozesskostenhilfe?

Grundsätzlich soll das eigene Einkommen und Vermögen für die Finanzierung eines Verfahrens vor dem Arbeitsgericht eingesetzt werden, soweit dies zumutbar ist. Wer aufgrund von geringem oder fehlendem Einkommen und Vermögen die Kosten für ein Verfahren nicht aufbringen kann, darf beim Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe beantragen. Neben dem offiziellen Antrag muss eine „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozesskostenhilfe“ ausgefüllt werden. Der Antrag inklusive entsprechendem Beleg muss vor dem Arbeitsgericht eingereicht werden. Damit der PKH-Antrag dann bewilligt wird, müssen gemäß § 114 ZPO folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • finanzielle Bedürftigkeit: PKH wird dann gewährt, wenn eine Partei „nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann“.
  • Aussicht auf Erfolg: PKH wird nur dann gewährt, wenn das beabsichtigte Verfahren „hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet“. Diesbezüglich muss das Arbeitsgericht eine Voreinschätzung abgeben.

Sind beide Voraussetzungen erfüllt, übernimmt die Prozesskostenhilfe die Gerichtskosten und Rechtsanwaltskosten ganz oder in Teilen. Dies ist von der Höhe des einzusetzenden Einkommens und Vermögens abhängig.

Prozesskostenhilfe Arbeitsgericht: Einzusetzendes Einkommen und Vermögen

Um eine finanzielle Bedürftigkeit festzustellen, wird zunächst die Höhe des einzusetzenden Einkommens berechnet. Dazu wird das monatliche Nettoeinkommen herangezogen. Hierzu zählen u. a. auch Einkünfte aus Vermietung, Wohngeld, Kindergeld, Sozialleistungen und Unterhaltsleitungen. Vom Nettoeinkommen werden monatlich anfallende Kosten wie Miete, Nebenkosten, berufsbedingte Aufwendungen und Versicherungsbeiträge abgezogen. Zudem können auch Freibeträge, z. B. für Ehepartner und Kinder, abgesetzt werden. Diese werden vom Bundesjustizministerium jährlich neu festgelegt. Geltend gemacht werden können (Stand: 1. Januar 2021):

  • ein Einkommensfreibetrag von 491 Euro für den Antragsteller,
  • ein Freibetrag von 223 Euro, wenn der Antragsteller erwerbstätig ist,
  • ein Unterhaltsfreibetrag von 491 Euro für den Ehepartner/eingetragenen Lebenspartner (ist dieser erwerbstätig, mindert sich der Freibetrag jedoch um das Einkommen des Partners),
  • ein Unterhaltsfreibetrag von 393 Euro für unterhaltsberechtigte erwachsene Kinder,
  • ein Unterhaltsfreibetrag von 410 Euro für Kinder ab 14 Jahren,
  • ein Unterhaltsfreibetrag von 340 Euro für Kinder von sechs bis 13 Jahren,
  • ein Unterhaltsfreibetrag 311 Euro für Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.

Das monatliche Einkommen sowie Ausgaben und laufende Kosten müssen mit Belegen vor dem Arbeitsgericht nachgewiesen werden. Der Betrag, der nach Abzug der Freibeträge und der abziehbaren Posten verbleibt, ist das einzusetzende Einkommen.

Neben dem Einkommen muss auch auf das vorhandene Vermögen zurückgegriffen werden, bevor Prozesskostenhilfe in Anspruch genommen werden kann. Allerdings gibt es Ausnahmen. So darf ein sogenanntes Schonvermögen von 5.000 Euro einbehalten werden. Auch selbstbewohnte Immobilien sowie notwendige Vermögenswerte für die Berufsausübung und die Altersvorsorge müssen nicht zur Finanzierung eines Verfahrens eingesetzt werden.

Ist kein Vermögen vorhanden, auf das zurückgegriffen werden kann, wird die Prozesskostenhilfe je nach Höhe des einzusetzenden Einkommens ganz oder in Teilen gewährt.

Prozesskostenhilfe Arbeitsgericht: Bewilligung

Grundsätzlich wird beim Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe in zwei Formen gewährt: Entweder werden die Kosten des Verfahrens vollständig vom Staat übernommen oder die PKH muss in monatlichen Raten zurückgezahlt werden.

Beträgt das einzusetzende Einkommen weniger als 20 Euro im Monat, deckt die PKH alle Kosten des Verfahrens ab. Doch auch bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 20 Euro monatlich können die Kosten von der PKH übernommen werden. Allerdings muss der PKH-Bezieher diese in monatlichen Raten ganz oder in Teilen zurückzahlen. Der Rückzahlungszeitraum erstreckt sich dabei über höchstens 48 Monate. Sind nach diesem Zeitraum noch Kosten offen, so werden diese vom Staat übernommen. Die Höhe der Monatsrate liegt bei der Hälfte des einzusetzenden Einkommens.

Gut zu wissen: Veränderungen der Einkommens- und Vermögenslage werden vom Gericht bis 4 Jahre nach Gewährung der PKH berücksichtigt. Der Antragsteller ist dabei verpflichtet, dem Gericht Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse sowie der Anschrift selbstständig und unverzüglich mitzuteilen. Verstößt man gegen die Mitteilungspflicht, so kann die Bewilligung der PKH nachträglich aufgehoben werden. Die Kosten müssen dann sogar vollständig zurückgezahlt werden. Bei einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation kann das Gericht eine Rückzahlung der PKH fordern oder die Ratenzahlung entsprechend anpassen. Im Falle einer Verschlechterung kann die Ratenhöhe neu festgesetzt werden oder sogar ganz wegfallen.

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