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Reiserecht bei überbuchtem Hotel und Stornierung

29. Dezember 2016

Rechte bei Hotelübernachtungen

Besonders in spanischen Reisezielen tritt das Problem auf: Der Urlauber kommt an dem gebuchten Hotel an, doch es ist kein Zimmer frei. Das Hotel ist überbucht. Nach Gesprächen mit der Reiseleitung und Verantwortlichen des Hotels soll der Urlauber nun in eine andere Unterkunft umziehen. Doch muss der Urlauber ein anderes Hotel akzeptieren? Kann er Ersatz verlangen, falls das neue Domizil schlechter ist, als das eigentlich gebuchte? Kann er vielleicht sogar die Reise abbrechen?

Ist das eigentlich gewünschte Hotel überbucht, liegt ein Reisemangel gemäß § 651c Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) vor. Je nach Umstand kommen für den Urlauber Minderungsrechte, Entschädigungen oder eine Kündigung des Reisevertrags in Betracht.

Hotel überbucht: Minderung des Reisepreises immer möglich

Auch wenn dem Urlauber eine gleichwertige Ersatzunterkunft gestellt werden kann, hat er nach Ansicht deutscher Gerichte einen Anspruch auf Minderung des Reisepreises in Höhe von 10 bis 25 Prozent. Verschiedene Urteile hierzu finden sich auch online in der Kemptener Tabelle.

Ist das Ersatzhotel nicht mit dem eigentlich gebuchten Hotel vergleichbar, kann mehr Geld zurückverlangt werden, gegebenenfalls sogar der gesamte Reisepreis. Das Landgericht Baden-Baden entschied 2008 (2 O 335/07), dass eine Unterbringung auf einem Tauchboot anstatt dem gebuchten Hotel zu einer Reisepreisminderung von 50 Prozent berechtigt. Das AG Bad Homburg (2 C 64/11 (19)) hielt eine Minderung um 100 Prozent für angemessen, wenn sich eine Ersatzunterkunft mehr als 50 Kilometer von dem ursprünglichen Domizil entfernt findet. Der BGH (Aktenzeichen: X ZR 111/16) sprach einer Familie, die einige Tage in einem schlechteren, im Bau befindlichen Hotel mit Hygienemängeln verbringen musste, 70% des auf diese Tage entfallenden Reisepreises zu – und 100% für den Umzugstag.

Muss der Urlauber wegen Überbuchung auf ein anderes Hotel ausweichen, können für ihn Minderungsrechte, Entschädigungen oder eine Kündigung des Reisevertrags in Betracht kommen. (Foto: smeyli/photocase.de)
Ist das Hotel überbucht, können für den Gast Minderungsrechte, Entschädigungen oder eine Kündigung des Reisevertrags in Betracht kommen. (Foto: smeyli/photocase.de)

Hotel überbucht: Kündigung und Entschädigung

Ist die Unterkunft überbucht und ein Ersatzhotel unzumutbar für den Urlauber, stellt dies also einen erheblichen Mangel dar. Der Reisevertrag kann gekündigt werden (§ 651e BGB). Im Downloadbereich bieten wir dafür einen Musterbrief an. Die Reise kann abgebrochen und vom Veranstalter der gesamten Reisepreis zurückverlangt werden. Der Urlauber muss sich dabei nur bereits erbrachte Reiseleistungen anrechnen lassen. Ein Abbruch der Reise ist nur ausnahmsweise nicht gerechtfertigt, wenn der Urlauber treuwidrig handelt. Allerdings hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass im Fall eines nicht gleichwertigen Hotels der Urlaub abgebrochen werden darf, ohne dass von dem Reiseveranstalter der Vorwurf der Treuwidrigkeit erhoben werden kann (BGH, Urteil vom 11. Januar 2005, Az. X ZR 118/03).

Neben der Minderung oder Kündigung kann dem Urlauber auch eine Entschädigung zustehen. Nach § 651f Abs. 2 BGB kann der Reisende auch wegen nutzlos gewordener Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Bricht der Urlauber die Reise komplett ab, so kann er für die Urlaubstage, die für ihn nutzlos geworden sind, eine Entschädigung verlangen.

Stornogebühren Hotel: Entgegenkommen des Hoteliers

Stornogebühren sind entgegen der landläufigen Meinung ein Entgegenkommen des Hoteliers. Den Begriff Hotel-Stornierung kennt das deutsche Recht nämlich nicht. Bei einer Hotelbuchung schließt man einen Beherbergungsvertrag, der für beide Vertragsparteien bindend ist. Ein Loslösen aus diesem Vertrag ist nur in gesetzlich vorgeschriebenen Fällen möglich.

Die Hotelbuchung stornieren kann der Urlauber also nicht. Ist der Vertrag erst einmal geschlossen, kann dieser allenfalls gekündigt werden. Kann der Gast aus persönlichen Gründen die Hotelbuchung nicht wahrnehmen, müsste er grundsätzlich trotzdem den gesamten Übernachtungspreis zahlen. Allerdings muss der Hotelier davon – wie auch bei der Stornierung von Flügen – die Aufwendungen abziehen, die er sich durch die Stornierung erspart. Das können beispielsweise die Kosten für das Frühstück und die Zimmerreinigung oder in vielen Fällen die Mehrwertsteuer sein. Außerdem muss der Hotelier versuchen, seine Leistung anderweitig zu verkaufen. (Gerade in der Hochsaison oder während einer Messe kann es ja sein, dass das Hotel nach der Stornierung trotzdem ausgebucht ist.) Dann muss das Hotel vom Preis des Kunden das abziehen, was er durch die Vermietung an einen anderen Gast erhalten hat.

Die gute Nachricht: Aufgrund des starken Wettbewerbs bieten viele Hotels kostenlose Stornierungsmöglichkeiten an. Wird bei Vertragsabschluss – wie bei vielen Buchungsportalen üblich – eine kostenlose Stornierung angeboten, muss sich der Hotelier auch daran halten. Auch mit gestaffelten Stornogebühren, wie sie manche Hotels einsetzen, kommt man oft noch günstiger weg als mit der gesetzlichen Regelung. In vielen Fällen kommt außerdem eine Reiserücktrittsversicherung für die Differenz auf, wie sie z.B. von American Express * angeboten wird.

Übrigens: Etwas anderes gilt, wenn das Hotel von sich aus den Vertrag storniert, beispielsweise weil das Hotel geschlossen ist.

Quellen: BGB, Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz
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